Fahrt mit dem Bus aus Bremen!

Am 27. Januar 2012, dem Jahrestag der Auschwitzbefreiung, findet der Ball des Wiener Korporationsringes (WKR) statt. Dort treffen sich jedoch nicht nur ein paar Burschenschafter in Frack, Schärpe und Schmiss. Vielmehr ist das Treffen in der Wiener Hofburg, dem Sitz des österreichischen Bundespräsidenten, ein Stelldichein der alten und neuen Rechten Europas.

Im veranstaltenden WKR sind 21 Studentenverbindungen organisiert, die sich politisch in einem Spektrum zwischen national-freiheitlich und völkisch-deutschnational bewegen.
Federführend ist hier zum Beispiel die Wiener Burschenschaft Olympia, die bei einer Tagung Eisenach „die Unterwanderung des deutschen Volkes durch Angehörige von fremden Völkern“ befürchtete und immer wieder durch Gäste wie den Holocaustleugner David Irving oder den NPD-Barden Frank Rennicke auffällt.

Komplettiert wird das illustre Treffen beim WKR-Ball von Delegationen diverser Rechtspopulisten wie Pro Köln, der Schweizer Volkspartei, Front National (Frankreich) und Vlaams Belang (Belgien).
In Österreich, in der die FPÖ mit Parolen wie „Asylbetrug heißt Heimatflug“ einen Wahlerfolg von 26% einstreichen konnte, wundert es nicht, dass die bisherigen Proteste und Gegendemonstration unter fadenscheinigen Begründungen verboten und kriminalisiert wurden.

Um das Treffen der Freund_innen reaktionärer Krisenlösungsmodelle nicht unbeantwortet zu lassen, rufen wir, als Teil des kommunistischen  …umsGanze! – Bündnis zusammen mit unseren Wiener Genoss_innen dazu auf, sich selbst auf die Party einzuladen und den Gästen des WKR-Balls gehörig ins Sektglas zu spucken!

Gegen reaktionäre Ideologien – ob in Deutschland, Österreich oder anderswo! Für den Kommunismus!

Busanreise aus Bremen
Aus Deutschland werden mehrere Busse fahren, u. a. auch aus Bremen. Los gehts in der Nacht vom 26. auf den 27. Januar, zurück werden wir am darauf folgenden Sonntag dem 29. wieder in Bremen sein. Dies alles dazu auch noch zum Preis von 20 Euro!

Infoveranstaltung in Bremen

Am 18. Januar veranstalten wir um 20 Uhr im Sielwallhaus eine Infoveranstaltung.

Vienna Calling – Den WKR-Ball crashen!
…umsGanze!-Aufruf zu den Protesten gegen den WKR-Ball 2012

Ausgerechnet am Holocaust Memorial Day, dem 27. Januar 2012, findet in der Wiener Hofburg mit dem 59. Ball des reaktionären Wiener Korporationsrings (WKR) einer der zentralen Events der europäischen Rechten statt. Was auf den ersten Blick wie ein gesellschaftliches Stelldichein in Frack, Schärpe und Schmiss erscheint, hat es tatsächlich in sich: mit diesem Ball gelingt, was sonst Seltenheitswert hat, nämlich der gesellschaftliche Schulterschluss zwischen Neonazis, Burschenschaftern, RechtspopulistInnen und Mitgliedern der etablierten Elite. Entsprechend ist der Ball auch alles andere als eine unpolitische ‚Feierei’. Und das jährliche Ritual ist mehr als ein albernes Relikt. Der WKR-Ball ist Anlaufpunkt für eine reaktionär-autoritäre Bewegung, die im Windschatten der gegenwärtigen Krise versucht, Macht und Einfluss auszuweiten.

WKR ‚Who is Who‘ – Reaktionäres networking und seine Akteure

Der veranstaltende Wiener Korporationsring ist eine freiwillige Vereinigung von Burschenschaften, Corps und Landsmannschaften, deren Gesinnung von »national-freiheitlich«, völkisch-deutschnational bis offen neonazistisch reicht. Der ideologische Gehalt des WKR ist darüber hinaus zutiefst sexistisch und homophob, ganz im Sinne des elitären Männerbundprinzips. Im Selbstverständnis des WKR wird unter anderem das »Bekenntnis zum angestammten Volkstum im Rahmen der abendländischen Kulturgemeinschaft« gepriesen. So verwundert es auch nicht, dass sich in der Vergangenheit beim WKR-Ball prominente Rechtsaußen wie Jean-Marie Le Pen (Front National, Frankreich), Frank Vanhecke (Vlaams Belang, Belgien) und Alexander Dugin (Eurasische Partei, Russland) die Klinke in die Hand gaben. Auch Mitglieder aus der »Pro«-Bewegung und der NPD aus Deutschland sind gern gesehene Gäste. Wenig überraschend ist auch, dass die Burschenschafterszene eng mit der FPÖ – dem rechten Aushängeschild Österreichs – verknüpft ist. Von deren FunktionärInnen wimmelt es dann auch nur so auf dem Ball. Eindeutig, ein Fall für die Antifa!

Österreich du Opfer!
Der Erfolg des WKR-Balls – seine Etablierung und Institutionalisierung hin zum zentralen Rechts-Event – ist eng mit dem gesellschaftlichen Klima in Österreich nach 1945 verknüpft. Bei allen Parallelen zur BRD was das Abwehren, Relativieren und Umdeuten der Beteiligung am Nationalsozialismus betrifft, konnte sich in Österreich besonders ein geschichtspolitisches Narrativ als hegemonial durchsetzen: durch die eigene Festschreibung als »Opfer« der Hitler-Aggression im Staatsvertrag von 1955 wurde der Opferstatus zur offiziellen Staatsideologie der Zweiten Republik. Dessen internationale Anerkennung, die wirtschaftliche Westintegration und die Einordnung Österreichs ins System des Kalten Krieges trugen weiter dazu bei, dass in der österreichischen Gesellschaft das Thema Vergangenheitsaufarbeitung bis in die 1980er Jahre geradezu verpönt war.

Tatsächlich ist die jüngere Geschichte Österreichs nur so durchzogen von Formen des Autoritarismus und Nationalismus. Bereits vor dem, von vielen herbeigesehnten, Anschluss ans Deutsche Reich im März 1938 kam es zur prägenden, reaktionären Formierung des Austrofaschismus. Dieser verfolgte das Ziel, in Abgrenzung zu Großdeutschen und NSDAP ein eigenständiges Österreich als faschistischen Ständestaat zu schaffen, und muss gleichwohl als Wegbereiter für den Nationalsozialismus in Österreich gesehen werden. An Zynismus kaum zu toppen war und ist deshalb die Indienstnahme des Austrofaschismus als Sinnbild eines eigen- und widerständigen »antideutschen« Österreichs, die das Totschweigen der eigenen NS-Verbrechen seit dem Zweiten Weltkrieg komplementiert. Unter dem System des Ständestaates mobilisierte die Ideologie der völkischen Gemeinschaft und des Korporatismus ein unterwürfiges Sozialpartnerschaftsdenken, welches Kapital, Arbeit und Staat bis heute unter einem nationalen Dach zu vereinen weiß. Die Ansprüche des Standorts werden unhinterfragt hingenommen und die eigenen Interessen dem »nationalen Gemeinwohl« untergeordnet: Österreich im Jahre 2012 lässt grüßen.

Rechtspopulismus stoppen – Kapitalismus abschaffen!
Den WKR-Ball als Institution, und seine tragenden Kräfte als Teil einer rechts-reaktionären Bewegung, gilt es politisch zu bekämpfen. Doch damit beginnt erst die Arbeit der Kritik: denn reaktionäre Ideologien fallen weder vom Himmel, noch lassen sie sich zirkulär mit dem Verweis auf ‚Geschichte‘ erklären. Ihre Wirkungsmächtigkeit im Hier und Jetzt entspringt den realen Vergesellschaftungsbedingungen unter der Herrschaft der kapitalistischen Produktionsweise. Ihr Identitätspostulat von »Volk«, »Nation« und »Kultur« stiftet Sinn und gefühlte Kompensation angesichts permanenter Konflikte und Ohnmachtserfahrungen der Menschen im Kapitalismus. Dabei ist »kollektive Identität« in Wirklichkeit alles andere als eine stabile Größe; ihre ideologischen Elemente sind so wenig konsistent wie widerspruchsfrei. Deshalb sind die Übergänge zwischen ‚sauberem‘ Republikanismus und aggressivem Nationalismus auch so fließend.

Wer dazu-gehört, Teil eines privilegierten Kollektivs sein darf, letztlich also anspruchsberechtigt ist – das ist im Kapitalismus fortwährend umkämpft. Der völkische Old-School Rassismus so mancher Burschenschaft im WKR mag derzeit keine reelle Option auf politische Durchsetzung haben. Der Erfolg von rechtspopulistischen Parteien in Europa zeigt aber, wie unter bestimmten Bedingungen durch geschicktes Paktieren und mit geladener Rhetorik ein diffuses rechtes Lager zu einer politischen Kraft vereint werden kann. So ist es in Österreich der FPÖ unter H.C. Strache (Bundesparteiobmann) gelungen, »Österreich-Bewusstsein« und Deutschnationalismus miteinander zu verbinden; d.h. neoliberale Patrioten und völkische Nazis hinter sich zu einen. Das Konzept einer »christlich-abendländischen Werte- und Kulturgemeinschaft« macht deutlich, wie ausufernd das eigene Kollektiv gesponnen werden kann, wenn es um die Konstruktion neuer Feindbilder geht – wie z.B. die »Bedrohung durch den Islam«.

Thrill me, kiss me, kill me

Der rechte Pan- und Internationalismus funktioniert natürlich nur so lange, wie die vermeintliche »Zugehörigkeit« nicht exklusiv gegeneinander eingefordert wird. Dann endet nämlich das Engagement der rechten KulturkämpferInnen ganz schnell beim eigenen Staat und Standort, der eigenen Klasse und Clique. Schließlich werden Leistungsbilanz, Steuerabgaben und Sozialleistungen immer noch nationalstaatlich verhandelt. Und »Österreich-Bewusstsein« braucht nicht zwingend das teutonische Pathos, um massenwirksam zu sein. Das alltägliche Leid von Lohnarbeit und Konkurrenz erscheint auch in kleindeutscher Variante als normal und natürlich. Bereits bei dieser »Normalität« muss linke Kritik ansetzen – und nicht erst wenn sie rassistisch-aggressiv umschlägt!

Identifikation mit der Nation, das heißt in Zeiten der Krise auch mal ein Stück weiter zusammenrücken, den Gürtel enger schnallen und noch härter buckeln. Die Flucht ins nationale »Wir« bestätigt gleichsam eine Gesellschaftsordnung, derer destruktiven Verlaufsform sie gerade zu entkommen versucht. Das nationale Begehren – die Unterwerfung unter die Autorität – bleibt deshalb auch eine ambivalente Hass-Liebe. Ihre Aggression wird aber meist herrschaftskonform abgespalten und entlädt sich gegen freigegebene ‚Andere‘ und Schwache. Die Zunahme von Rassismus und Sozialchauvinismus ist insofern symptomatisch für den aktuellen Krisennationalismus: in der Hetze gegen »Pleitegriechen«, »faule Südländer« oder »Integrationsverweigerer« werden soziale Konflikte kulturalisiert und biologisiert, die Krisenhaftigkeit des Kapitalismus auf einzelne Personengruppen projiziert. Wer sich vermeintlich oder tatsächlich nicht in die Leistungsmaschinerie einfügt, gilt als »dekadent« oder als »Sozialschmarotzer«. Egal wie schlecht es einer/m selbst schon geht, es wird immer wer gefunden, auf den mensch ‚hinunter‘ treten kann. Dass auch gegen »die da Oben« mitunter gewettert wird, macht die Sache nicht zwangsläufig besser. Denn die personalisierende Kritik an »Managern« und »Bänkern« verkennt den Systemcharakter anonymer Verwertungszwänge im Kapitalismus. »Gier« und »Risikobereitschaft« sind Verhaltensweisen, die im Kapitalismus strukturell angelegt sind. Krisen entstehen in der kapitalistischen Marktwirtschaft nicht primär, weil ‚schlecht‘ gearbeitet wird, sondern ‚gut‘ – d.h. jeweils im Interesse des höchsten Profits mit ungleichen Mitteln in Konkurrenz gegeneinander und auf private Rechnung. Was ressentiment-geladene und verklärende Deutungsmuster angeht, steht die WKR-Clique keineswegs alleine da. Sie begreift sich allerdings als die »intellektuelle Speerspitze« – vom politisch rechts zu verortenden Trachtenverein über Teile der Sozialdemokratie bis hin zur mehr oder weniger offen neonazistischen FPÖ.

A Herzbotschn* for the Nation!
Klar ist, dass sich unser Protest nicht nur gegen Burschis und ihre NazifreundInnen richtet. Auch kann es nicht unser Anliegen sein, die bürgerliche Gesellschaft quasi gegen ihre eigenen Auswüchse zu verteidigen, etwa liberalen »Verfassungspatriotismus« gegen aggressiven Ethnozentrismus in Stellung zu bringen. Abschiebungen, soziales Elend und die tägliche Ausbeutung sind – auch in liberaldemokratischer Spielart – kein Grund zu feiern: sie sind ein Angriff auf das schöne Leben und gehören schnellstmöglich abgeschafft! Wenn also im kommenden Januar in der Wiener Hofburg getanzt wird, kommen wir auch – um die deutschnationale Party zu stören, das Alpenstadl mal gründlich aufzumischen und seinen Fans das Fürchten zu lehren.

We don‘t feel like dancing – Den WKR Ball zum Desaster machen!
Für den Kommunismus.

* Herzinfarkt