Linke Gruppen und libertäre Basisgewerkschaften rufen zu europaweitem Aktionstag auf.
Auf einem internationalen Treffen linker Gruppen und Basisgewerkschaften aus Griechenland, Deutschland, Spanien, Polen und Österreich Anfang Dezember in Frankfurt a. M. wurde beschlossen: Für den 31. März wird unter dem Motto „M31 – European Day of Action against Capitalism“ zu einem europaweiten Aktionstag gegen die autoritäre Krisenpolitik der Troika aus EU-Kommision, IWF und EZB aufgerufen. Die antikapitalistischen Organisationen wollen damit ein deutliches Zeichen gegen den maßgeblich von Deutschland betriebenen Versuch unternehmen, die Wettbewerbsfähigkeit Europas auf dem kapitalistischen Weltmarkt auf dem Rücken von Lohnabhängigen und MigrantInnen zu sanieren. Mit dem international koordinierten Protest soll auch ein Zeichen gegen die nationalistische Stimmungsmache gegen die Lohnabhängigen in den südeuropäischen Ländern und die militärische Abschottung der EU-Außengrenzen gesetzt werden. Dagegen setzen die Organisatorinnen und Organisatoren die Perspektive einer grenzübergreifenden Selbstorganisation der von der Sparpolitik und kapitalistischen Ausbeutung betroffenen Menschen.

Auch in Bremen hat sich inzwischen ein lokales M31 Bündnis gebildet, ihr findet es hier

Insgesamt soll der Aktionstag im Frühjahr den Auftakt für eine weitergehende, europaweite Kooperation linker Gruppen und Basisgewerkschaften mit massiven Protesten im ganzen Jahr 2012 darstellen. Insofern stellt der Aufruf zum Aktionstag auch eine explizite Aufforderung zur Beteiligung an weitere antiautoritäre Gewerkschaften, Gruppen und Organisationen dar. In ganz Europa werden verschiedene Aktionen stattfinden.
Weitere Infos und Texte u.a. bisher in Englisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Spanisch, Schwedisch und Türkisch finden sich hier: http://march31.net/

Interview bei Radio Corax, Halle zum Aktionstag mit einem Vertreter von …ums Ganze!

Aufruf

Europäischer Aktionstag gegen den Kapitalismus
31. März 2012 | march31.net

Europa und die Europäische Union (EU) befinden sich im Ausnahmezustand. Seit Monaten spitzt sich die Kredit- und Schul­denkrise zu. Auf immer neuen Regierungskonferenzen werden Notprogramme beschlossen, um den Kapitalismus zu sanieren. Glaubt man Politik und Medien, drohen sonst Zusammenbruch, Re­zession und neue Armut. Mit dieser Katastrophenrhetorik werden marktradikale Reformen durchgesetzt, die unsere Gesellschaft und unser Leben auf Jahrzehnte bestimmen – wenn wir uns nicht wehren. In den ersten Jahren der Krise hieß es, der Kapita­lismus müsse gezügelt werden. Banken und Konzerne sollten einen Teil der Lasten tragen, die sie selbst mit verur­sacht hatten. Doch gerade passiert das genaue Gegen­teil: Die EU, ihre Mitgliedsstaaten und Beitrittskandidaten setzen auf mehr “Wett­bewerb” und einen brutalen Sparkurs, um das “Vertrauen” und die Profite der Privatwirtschaft zu sichern. Genau damit aber bestätigen sie die de­struktive Logik des Kapitalismus. Kapitalismus heißt Krise und Ohnmacht, Armut inmitten von privatem Reichtum. Organisiren wir uns für eine bessere Gesellschaft!

Die Krise hat System
Die kapitalistische Globalisierung der vergangenen Jahrzehnte hat die Konkurrenz der Unternehmen und Stand­orten zugespitzt. Alle führenden Industriestaaten haben ihre Märk­te umfassend de­reguliert. Sie ha­ben so­ziale Si­cherheiten gestrichen, öffentliche Güter privatisiert, die Rechte von Lohnabhängigen be­schnitten und sozia­le Kon­trollen verschärft, im Interesse eines möglichst unge­hinderten kapitalistischen Wachstums. Doch selbst in Europa, auf der Sonnenseite dieses weltweiten Systems, wird unser Leben von Jahr zu Jahr unsicherer, und die soziale Spal­tung nimmt zu. In den sogenannten “aufstrebenden Märkten” herrscht oh­nehin eine permanente soziale Krise: Enteignung und skrupellose Ausbeutung mit staatlicher Rückendeckung, für ein nationales Wachstums das nur Privilegierten zu Gute kommt. Die neoliberale Transformation der vergangenen Jahrzehnte hat auch die Finanzmärkte überkochen lassen. Ob DotCom-Boom, Immo­bilienfonds oder Derivatehandel – seit Jahren platzen die Spekulati­onsblasen, auf jeden Boom folgt ein Einbruch. Schuld daran sind nicht die vermeintliche Gier und Korruption einer kleinen Elite, wie viele glauben. Schuld ist die alltägliche Profitlogik, der wir alle unterworfen sind, ob wir wollen oder nicht.

Das EU-Regime knacken
2011 ist die europäische Schulden- und Währungskrise eskaliert. Einige Staaten stehen vor dem Bankrott, und ge­fährden damit den Euro. Vordergründig ha­ben diese Staaten “über ihre Verhältnisse gelebt”. In Wahrheit haben auch sie nur versucht, über Schulden kapitalisti­sches Wachstum anzu­stoßen. Sie taten was alle tun, nur weniger erfolgreich. Ihre Unterstützung durch die Europäische Zentralbank (EZB) und neue, milliardenschwere “Rettungsfonds” ist an rücksichtslose Auflagen gebunden. Eine europäische “Schuldenbremse” soll “die Märkte be­ruhigen”, natürlich zu Lasten von Lohnabhängigen, Erwerbslosen und Menschen in Ausbildung. Private Profite werden dagegen nicht ange­tastet. Ähnlich ergeht es den ost- und südosteuropäischen Beitrittskandidaten, die von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) zu umfassenden Kürzungen und Privatisierungsprogrammen genötigt werden. All das soll das krisenträchtige Wettbe­werbsregime der EU schützen, und natürlich die Ansprüche der domi­nanten Ökonomien Kerneuropas: Die Regierungen Deutschlands und Frankreichs konnten ihre Interessen fast un­gehindert durchsetzen, trotz eigener politischer Differenzen. Kein Zweifel, in vielen Ländern wurde heftig protestiert. Überall sind Basisinitiativen entstanden, um die eigene politische Ohnmacht zu überwinden. Doch bislang blieben selbst Massenstreiks erfolglos. Die großen nationalen Ge­werkschaften stützten letztlich doch die Standort­politik ihrer jeweiligen Staaten, und forderten allenfalls soziale Trost­pflaster. Es gab keine effektive ge­werkschaftliche Solida­rität über Landesgrenzen hinweg. Wenn sich daran etwas ändern soll, müssen wir selbst dafür sorgen.

Wir können das besser
Die europäische Krisenpolitik ist so spekulativ wie es der Kapitalis­mus immer war. Denn schärferes Spa­ren gefäh­det die ökonomische Stabilität genau so wie Wachstum auf Pump. Es gibt im Kapitalismus kei­nen sicheren Weg, nur permanentes Krisenmanage­ment. Sollen wir unser Leben dafür verschwenden? Besser wir kämpfen gemeinsam gegen das Diktat des Marktes, und organisieren uns endlich europaweit. Der Europäische Aktionstag am 31. März 2012 ist dafür ein erster Schritt. Gleichzeitige Demonstratio­nen in mehreren europäi­schen Staaten sind mehr als ein Zeichen antikapitalistischer Solidari­tät. Sie sind schon jetzt Teil einer europaweiten Diskussion und Vernetzung. Wir laden alle emanzipatorischen Initia­tiven ein, diesen Prozess mit zu gestalten. Wir mussen uns außerhalb der staatstra­genden Institutionen orga­nisieren, und einen langen Atem haben. Die Krise ver­läuft in unseren Ländern sehr unterschiedlich. Aber wir haben ein gemeinsames Ziel: Wir wollen den Kapitalism­us nicht retten, sondern überwinden. Wir widerset­zen uns nationaler Interessenpolitik und nationalisti­scher Krisen­ideologie. Der Kampf gegen den fortgesetzten Abbau sozialer Sicherheiten und Rechte ist wichtig, aber unse­re Perspektive muss wei­ter sein. Wir müssen die fatalen Zwänge des Kapitalismus und seiner politischen Institutionen brechen. “Echte Demokratie”, wie sie in vielen Protesten ge­fordert wird, das geht nur ohne Kapita­lismus!