Die AfD wurde bei der Bundestagswahl mit 34 % zur stärksten Partei unter den Erwerbslosen – trotz eines Programms voller Drohungen gegen sie. Warum?

Fast 1/3 der Bremer*innen sind arm, die Arbeitslosigkeit ist hier bundesweit am höchsten. Gewaltkriminalität, Vereinzelung und unbezahlbare Preise sind reale Probleme. Doch in Medien und Gesetzen erscheinen diese Menschen nur als „Sozialschmarotzer“ – im Gegensatz zur „Gemeinschaft der Steuerzahlenden“.


„Damit die Leute nicht verlernen, in der Früh aufzustehen. Damit sie nicht lernen, auf der Couch zu liegen“

Norbert Kleinwächter, stellvertretender Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion, am 08.11.2022 zur Begründung, warum die AfD für die Einführung einer Arbeitspflicht nach 6 Monaten für Bürgergeldbeziehende ist.

Die Marktwirtschaft gilt als naturgegeben, als Nation sitzen wir alle in einem Boot – so der Konsens fast aller Parteien. So erscheinen steigende Mieten nicht von Vermieter*innen gemacht, sondern durch zu viele (geflüchtete) Konkurrent*innen auf dem Wohnungsmarkt.

Auch beim Bürgergeld wird das eigentliche Problem – Sanktionen und ein zu niedriger Regelsatz – als Haushaltssachzwang falsch verstanden. Verstärkte Sanktionen erscheinen als Maßnahme gegen „die anderen“ und werden von vielen begrüßt.

Das Recht verstärkt diese Mechanismen zusätzlich. Das „Arbeitslosengeld II“ isoliert die „Kunden“ a ka Betroffenen. Armut ist ein Zustand, den man loswerden will, nicht einer, auf den man sich kollektiv beziehen könnte.

Die politische Linke hat diese Entwicklungen teils mitverursacht oder ignoriert. Hartz IV wurde 2005 von SPD und Grünen mit Unterstützung der DGB-Gewerkschaften eingeführt. 

Arme kommen in der radikalen Linken oft nicht vor, was sich in Parolen wie „Bremen hält zusammen gegen Rechts“ zeigt – ein zynischer Appell an falschen gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Herkunft vieler Linker aus den Mittelschichten mag dazu beitragen.

Anlass für Hoffnung könnte dagegen der vergangene Wahlkampf der Linkspartei sein. Auch wenn sie nur sozialdemokratisch ist, ihr Wahlprogramm linkspopulistisch war. Sie hat nicht versucht einen Kulturkampf zu führen sondern die richtigen, sozialpolitischen Themen wie Wohnen zu setzen.


„All das dürfen wir nicht akzeptieren! Lasst uns jetzt gemeinsam dagegen zusammenstehen und aktiv werden, als Beschäftigte, als Erwerbslose, als solidarisch Aktive. Unsere Antwort gegen Rechtsruck und Sozialabbau ist praktische Solidarität – jetzt und hier!“

Bremer Erwerblosenverband auf der Kundgebung von ver.di und Betriebsräten gegen Rechtsruck und Sozialabbau am 13. November 2024

In diesem Sinne, lasst uns einen solidarischen Antifaschismus praktisch machen. Einen, der nicht auf falschen gesellschaftlichen Zusammenhalt setzt: Gegen Staat, Nation und Kapital. Das heißt auch: Für eine sanktionsfreie, auskömmliche Grundsicherung für alle die hier leben!