Sankt-Pauli-Straße 10
28203 Bremen
Deutschland
Traurig aber wahr: die Welt ist voller Nationalist_innen. Leute, die “ihre” Nation für eine ausgezeichnete Gemeinschaft halten; nach durchgreifender Herrschaft rufen; Deutsch- und nicht-Deutsch-Sein für das auszeichnende Wesensmerkmal halten; usw. In der psychoanalytischen Sozialpsychologie wird behauptet, diese Einstellung folge keinen rationalen Erwägungen. Sie sei stattdessen
psychodynamisch (mit-)verursacht. Ein zu schwaches Über-Ich bekomme die Triebe nicht in den Griff und brauche Unterstützung durch autoritäre Herrschaft. Sadomasochistische Triebe würden zu Unterwerfung und Aggression gegen Schwache führen. Die autoritäre Charakterstruktur verborgen im Individuum mache diese zu potentiellen Faschist_innen. In der Veranstaltung sollen diese Konzepte vorgestellt und diskutiert werden. These wird sein, dass das Konzept vom autoritären Charakter nicht haltbar ist. Die Analogien von (fraglichen) psychodynamischen Konstrukten auf das Verhältnis Herrschaft/Individuum sind konstruiert. Nationalismus und Bejahung autoritärer Herrschaft ist eine konsistente und zugleich verkehrte politische Einstellung, zu der Emotionen und Taten dazugehören. Die psychodynamischen Konzepte gehen mit falschen Begründungen an der politischen Einstellung vorbei und abstrahieren von den gesellschaftlichen Verhältnissen und den landläufigen Ideologien über sie. Anstatt letztere ernst zu nehmen, gehen sie auf die angebliche Funktionserfüllung autoritärer Herrschaft für die pathologisierten autoritären Charaktere.