Während der Fußball-WM der Männer schaut die Welt nach Brasilien. Das Land, das wie kaum ein anderes für Fußballbegeisterung steht, ist aber deutlich weniger vom WM-Fieber angesteckt, als man vermuten würde. Stattdessen entlädt sich die Empörung über den krassen Kontrast zwischen Armut, Ausbeutung und Krise auf der einen, und Korruption, Prunk und Verschwendung auf der anderen Seite, in massiven sozialen Kämpfen.
Im Zuge des neoliberalen Umbaus des Staats im internationalen Standortwettbewerb werden die massiven Ausgaben für die Arenen begleitet von Immobilienspekulationen, Gentrifizierung und Vertreibung von Obdachlosen und Straßenhändler*innen. Dagegen gibt es massiven Widerstand. In Sao Paolo besetzt die „Movimento dos Trabalhadores Sem Teto“ (Bewegung der Arbeiter*innen ohne Wohnung) verschiedene Grundstücke in der Nähe des Stadions und fordert den Bau von Sozialwohnungen. Eine Woche vor der Eröffnungsfeier in diesem Stadion brachten sie 25.000 Unterstützer*innen auf die Straße und drohten damit, die Eröffnungsfeier zu verhindern. Die Regierung versprach daraufhin, den Forderungen nachzukommen.
Gleichzeitig mit der Bewegung der Obdachlosen streikten die Metro-Fahrer*innen in Sao Paolo. Obwohl die Regierung den Streik für illegal erklärt hat und mit massiver Repression reagierte, ließen sich die Streikenden nicht einschüchtern. Sie drohten damit, den Streik zum WM-Eröffnungsspiel fortzusetzen. Mit Forderungen wie nach einem kostenlosen öffentlichen Nahverkehr haben sie die Bevölkerung für sich gewonnen.
Wir wollen uns ein Bild von den Kämpfen in Brasilien machen. Am 11.7. wird Marcus Kollbrunner, Aktivist aus São Paulo, per Skype von aktuellen Protesten berichten, Hintergründe beleuchten und mögliche Perspektiven aufzeigen. Marcus ist Mitglied der linken Partei P-SOL (Partei für Sozialismus und Freiheit).