In diesem Jahr jähren sich die antikommunistischen Massenmorde in Indonesien von 1965 zum 50. Mal. Indonesien hatte bis Mitte der 60er Jahre die drittgrößte kommunistische Partei der Welt. Indonesien gehörte zu den Gründern der Blockfreienbewegung und der erste Präsident des Landes, Sukarno, ging mehr und mehr auf Abstand zum Westen. Washington und seine Verbündeten hatten zunehmend Sorge, “der Dominostein” Indonesien könne ins kommunistische Lager fallen und unterstützte antikommunistische Akteure mit allen Mitteln.
Nach einem missglückten Putschversuch linker Militärs und der damit verbundenen Entführung und dem Mord an sieben ranghohen, prowestlichen Armeeführern in der Nacht vom 30.9. zum 1.10.1965 riss General Suharto die Macht an sich und präsentierte sich den Indonesiern als „Retter vor der Roten Gefahr“. Im Zuge der Machtergreifung von Suharto veranstalteten Militärs und mit ihnen verbündete zivile Gruppen ab Oktober 1965 eine beispiellose Hetzjagd auf alle, die des Linksseins verdächtig waren. Hunderttausende Menschen wurden bestialisch ermordet. Der Westen unterstützte den Antikommunisten Suharto mit Geld und Logistik. Suharto revanchierte sich, indem er das größte und rohstoffreichste Land Südostasiens für westliche Firmen öffnete. Anders als beim Vietnamkrieg oder bei den Morden der Roten Khmer in Kambodscha nahm die westliche Öffentlichkeit vom Blutbad in Indonesien kaum Notiz.
Jene, die die Gewalt überlebten, verbrachten Jahre im Gefängnis, zumeist ohne Gerichtsverfahren. Die meisten „65er- Häftlinge“ kamen erst ab Ende der 70er Jahre frei. Doch auch danach blieben sie und ihre Familien Stigmatisierte – und sind es bis heute. Das Jahr 1965 wird oft als, ´das Jahr, das niemals endete`, bezeichnet. Es spaltet die indonesische Gesellschaft bis heute. Von staatlicher Seite gibt es so gut wie keine Bemühungen um Aufarbeitung. Im Gegenteil, die Täter haben noch immer Machtpositionen inne. Umso mutiger sind jene IndonesierInnen, die mit künstlerischen, publizistischen und/oder Bildungsinitiativen versuchen, das Schweigen zu brechen.
Anett Keller hat während der letzten Jahre in Indonesien gelebt und von dort als freie Journalistin berichtet. Sie hat Überlebende der Massaker getroffen und zur Aufarbeitung der Kommunistenverfolgung recherchiert und publiziert. Für die Südostasien-Informationsstelle gibt Anett Keller das Politische Lesebuch „Indonesien 1965ff.“ heraus, das im April bei regiospectra erscheinen wird. In „Indonesien1965ff.“ kommen indonesische Überlebende, HistorikerInnen und AktivistInnen zu Wort. Anett Keller wird uns über die Hintergründe der Geschehnisse von 1965 berichten, über ihre Begegnungen mit Überlebenden und über die schwierige Aufarbeitung der Vergangenheit angesichts der gegenwärtigen Machtverhältnisse. Dazu werden wir gemeinsam den Film „The women and the generals“ der schwedischen Regisseurin Maj Wechselman anschauen, der thematisiert, wie vor allem Frauen Opfer von systematischer sexueller Gewalt, ausgeübt durch Suhartos Schergen, wurden.
Die Veranstaltung findet statt in Kooperation mit der Südostasien Infostelle (SOAI).
Weitere Infos unter asienhaus.de