Im Folgenden dokumentieren wir unseren Redebeitrag, gehalten am 17. Dezember auf der Kundgebung „Rassismus tötet – Rasizm öldürüyor!“ des Bündnisses „Rechte Gewalt stoppen“.

Liebe Genoss*innen und Genossen,

liebe Freund*innen und Freunde!

Wir von der Basisgruppe Antifaschismus freuen uns, dass ihr alle heute hierher gekommen seid. Wir alle sind schockiert, traurig und wütend über den Anlass der uns zusammen geführt hat: Eine Mordserie von Nazis des so genannten „Nationalsozialistischen Untergrunds“, staatlich gefördert durch den Verfassungsschutz.

Niemand von uns will, dass es Nazis gibt und niemand will  z. B. Angst davor haben müssen ihretwegen ihnen nicht auf die Straße gehen zu können. In Bremen ist die Bedrohung durch Nazis zwar gelegentlich präsent, jedoch nicht solch ein Problem wie z. B. in der sächsischen Provinz oder im Ruhrpott. Dies ist unter anderem dem Engagement von Antifaschistinnen und Antifaschisten aus der radikalen Linken zu verdanken. Denn dieser Antifaschismus macht nicht halt an den rechtsstaatlichen Grenzen.

Dabei geht es uns eigentlich ziemlich auf den Keks gegen Nazis vorgehen zu müssen um deren Szene wenigstens klein zu halten und dafür zu Sorgen, dass die coolen Kids zur Antifa kommen. Aber: Diese Arbeit ist richtig und notwendig und sie muss auch weiterhin gemacht werden!

Uns stört aber, dass Antifaschismus oftmals, trotz der Wahl radikaler Mittel, in der Konsequenz nicht weiter als die Verteidigung dieser demokratisch-kapitalistischen Gesellschaft ist.

Unser Antifaschismus folgt aus der grundsätzlichen Kritik der bürgerlichen Gesellschaft, dem Kapitalismus und seiner aktuellen Staatsform hier, der Demokratie.

Niemand von uns ist verschont von der tagtäglichen Härte und den Zumutungen der kapitalistischen Gesellschaft. Wir alle müssen uns im alltäglichen Hauen und Stechen gegen andere durchsetzen. Die einen im Jobcenter, die anderen hinter der Supermarktkasse, in der Uni oder in der Schule. Nur so schaffen wir es halbwegs hier durch zu kommen.

Dabei muss die Mehrzahl der Leute versuchen ihre Arbeitskraft gegen Lohn zu verkaufen, weil sie nichts anderes besitzen, während einige von eben dieser Ausbeutung leben.

In dieser Gesellschaft, in der – jedenfalls die meisten von uns – frei und gleich vor dem Gesetz sind, sichert der Staat das Privateigentum und zementiert so in Folge auch noch diese materielle Ungleichheit. Neben dieser sortiert der Staat seine potentiellen Insass*innen nach Nützlichkeit: Nur die, von denen er der die Meinung ist, dass er sie gebrauchen kann, sind hier gern gesehen. Die anderen kommen entweder gar nicht erst hinein in die Festung Europa oder sehen sich, haben sie es doch geschafft, einer permanenten Hetze und Hatz durch den Staat und seiner überzeugten Fans, sowohl den demokratischen als auch den faschistischen, ausgesetzt.

Nach den von allen großen Parteien inhaltlich geteilten Pogromen im Jahr 1991 in Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Solingen und Hoyerswerda gab es einen Aufschrei der so genannten Zivilgesellschaft. Inhalt dieses Aufschrei war jedoch, das es nicht demokratisch wäre Jagd auf Menschen zu machen und sie zu töten. Die Kritik bezog sich also vor allem auf die Wahl der Mittel: Überzeugte demokratische Deutsche teilen nämlich das vom Staat angelegte Nützlichkeitskriterium an all jene, die nicht im Besitz eine deutschen Passes sind, während Nazis dagegen diese Nützlichkeitserwägung schon immer als eine Art Versündigung an ihrem Ideal einer rassistisch, antisemitisch und völkisch reinen deutschen Nation sehen. Dabei sind die Übergänge zwischen beidem fließend und so es ist nicht verwunderlich, dass Nazis immer wieder auch Zuspruch aus großen Teilen der demokratischen Öffentlichkeit erfahren.

Nicht durch Zufall haben es deshalb die antifaschistischen Strukturen z. B. in ländlichen Regionen so schwer: Denn wenn sie sich gegen die aggressiv, einschüchternden, und gewalttätig auftretenden Nazis zu Wehr setzen, sind es nicht selten sie diejenigen, die repressiv angegangen werden. Nazis und DemokratInnen teilen eben den Zweck, Deutschland möglichst gut voran zu bringen, nur im „wie“ unterscheiden sie sich. Linksradikale Antifas stören da beide.

Nicht verwunderlich ist es deshalb auch, dass wenn es um z. B. Abschiebungen geht, meist nur einzelne wenige Demokrat*innen verbleiben, die, in so genannten Einzelfällen, die Härtefallkommission benachrichtigen und auf eine „humanitäre Flüchtlingspolitik“ hoffen. Die Abschiebungen sind doch schließlich rechtlich und demokratisch legitimiert.

Wenn die Bremische Bürgerschaft im Zuge der Diskussion um die Beteiligung des Verfassungsschutzes an den Taten der so genannten NSU vorhat den Etat des VS um 400.000 Euro zu erhöhen und natürlich nicht in unabhängige antifaschistische Initiativen steckt, ist das also nicht nur Ausdruck des derzeitigen gesellschaftlichen Kräfteverhältnisses. Vielleicht wäre das unter Rot-Rot-Grün z. B. ein ganz klein bisschen anders. Es ist jedoch für uns kein Grund deshalb nach einem Regierungswechsel zu rufen oder sonst wie auf den Staat zu hoffen.

Was bleibt, ist: Die Demokratie rettet uns nicht vor den Nazis.

Zur Einschränkung all dessen: Zweifelsohne gibt es auch noch schlechtere Formen von Staatlichkeit als die hier aktuelle. Niemand will in einer Diktatur wie im Iran leben oder unter der Terrorherrschaft der Hamas – die Ausnahme bilden hier vielleicht nur einige selbsternannte FriedensfreundInnen.

Es bleibt aber dabei, wer keine Kritik am Kapitalismus und seiner Demokratie führt, der landet mit seinem Antifaschismus entweder irgendwann in der Sitzblockade mit der Grünen Jugend oder mit der Linkspartei im Parlament.

Wenn wir also konsequent gegen Nazis vorgehen wollen und endlich ein gutes Leben weltweit für alle durchsetzen wollen, müssen wir das schon selbst in die Hand nehmen. Dies bedeutet:

Die radikale Linke organisieren!

Nazis bekämpfen!

Endlich den Kapitalismus abschaffen!

Für den Kommunismus!