Lange waren die sozialdarwinististischen Proteste anlässlich der Corona-Pandemie ein berechtigter Anlass zur Sorge. Mit ihrem Mosaikcharakter boten sie einen Anknüpfpunkt für verschiedene politische Milieus. Von, sich im Umfeld des Bremer Friedensforums tummelnden und in den 80er Jahren hängengebliebenen, Linken über Individualanarchist*innen, Esos, liberalen Kleinunternehmer*innen bis zu „Reichsbürgern“ und Nazis bildete sich nach „Pegida“ hier scheinbar die nächste große Massenbewegung. Auf viele, vielleicht sogar auf die meisten Teile Deutschlands, traf das auch zu. Sie traf auf eine verunsicherte und desorientierte (radikale) Linke. Die Kampagnenfixiertheit und fehlende Staatskrititik vieler Linker sorgte verschärfend dafür, dass auch in Bremen alle Versuche eigenständige linke Proteste anlässlich der Pandemiepolitik der Bundesregierung zu initiieren über zaghafte Ansätze nicht hinaus kamen. Anders dagegen die Proteste gegen Querdenken. Bereits der erste Versuch eines Autokorsos im Sommer 2020 wurde am „Stern“ gestoppt, rechte Kundgebungen auf der „Bürgerweide“ sahen sich antifaschistischen Protest ausgesetzt. In Folge kam es bei den Rechten zu ersten Spaltungen und Neugruppierungen. Relativ früh spaltete sich die Gruppe „Bremer Freiheit“ aus dem Umfeld des Friedensforums ab, sie zog es in Zukunft lieber vor nach Hamburg zum demonstrieren zu fahren. Ihr Versuch eine Demo durchs Bremer „Viertel“ zu führen kam über eine verkorkste Anmeldung beim Ordnungsamt nicht hinaus. Anders dagegen „Querdenken 421“. Dieser Zusammenhang führte regelmäßig Kundgebungen, vor allem auf dem Bahnhofsvorplatz durch, mit Zeitweise mehreren hundert Teilnehmenden. Auf dem Höhepunkt der rechten Proteste wurde eine bundesweite Demo von Querdenken am 5. Dezember 2020 in Bremen verboten. Das Verbot hielt, nach massenmilitanten Querdenkenaufmärschen in Kassel und Dresden, sogar dem Einspruch vor dem Bundesverfassungsgericht stand. Viele Rechte kamen trotzdem, eine breite antifaschistische Mobilisierung hielt dagegen. In Folge kam es zum größten Polizeieinsatz der Bremer Nachkriegsgeschichte, viele Antifaschist*innen sahen sich Polizeigewalt ausgesetzt.
Nach dem misslungenen bundesweiten Aufmarsch am 5. Dezember 2020 war die rechte Welle in Bremen fürs erste gebrochen, es kam zu immer neuen Spaltungen ihrer Strukturen. Dazu sahen sich viele ihrer führenden Akteur*innen antifaschistischen Protesten auch vor ihren Haustüren und an ihren Arbeitsplätzen ausgesetzt. Ihr technisches Equipment litt unter Selbstentzündung und ihre Treffpunkte wurden „besucht“. Das zog an den Nerven, frustrierte und brannte aus. Hierauf regierten sie mit einem Strategiewechsel. Mit unangemeldeten „Spaziergängen“ versuchten sie die für sie frustrierenden Auflagen von Ordnungsamt und Polizei und den ständigen antifaschistischen Protesten zu entgehen. Als Ort suchten sie sich dafür ausgerechnet die Bremer Innenstadt aus. Versuche in anderen Stadtteilen sich zu betätigen blieben die Ausnahme. Dies geriet für sie zum völligen Desaster. Mehrere hundert Antifaschist*innen, in Kleingruppenaktionen geübt, spielten hier mit ihnen Montags Abends „Katz und Maus“, direkt ausgesprochene „antifaschistischen Platzverweise“ trieben sie auseinander. Die Verblendung der Verschwörungsideolog*innen kam dabei dem entgegen. Sie hinderte sie daran sich ein realistisches Bild der Lage machen.
Ungefähr in diese Zeit fällt die völlige Kollabierung von „Querdenken 421“. Immer neue Fraktionen fanden sich seit dem zusammen und zerlegten sich kurz darauf wieder. Mit der rechten Kleinpartei „Die Basis“ fand sich, ebenfalls nach einer Reihe Spaltungen, ein Auffangbecken für viele rechte Aktivist*innen. Höhe bzw. Tiefpunkt für viele war die #Scheißsituation am 10. Januar 2022, der Videoclip über den scheinbar allgegenwärtigen „schwarzen Block“ in Bremen bekam auch bundesweit viel Aufmerksamkeit. Danach ging es mit den Rechten immer weiter bergab. Ihre Proteste zogen kaum mehr als ein paar Dutzend, sich mit Vornamen ansprechende, Spinnerte an. Die meisten kamen nicht einmal mehr aus Bremen sondern reisten aus anderen Städten an. Seit ein paar Wochen haben auch diese, unter Ausschluss jeglicher Öffentlichkeit stattfindenden Veranstaltungen nicht mehr stattgefunden – „das schlechte Wetter“ ist die offizielle Begründung dafür. Als ob es in Bremen jemals gutes Wetter geben würde. Seit kurzem haben auch bundesweite rechte Akteur*innen ihre Unterstützung der Bremer*innen eingestellt. Anscheinend hat es hier am 15. Januar eine erneute Spaltung gegeben, der Hintergrund scheint aber selbst für die Verschwörungsideolog*innen nur noch schwer nachvollziehbar zu sein. Querdenken Bremen ist an sein gerechtes Ende gekommen.
Die Zustimmung zu rechten politischen Ansichten in Bremen besteht aber natürlich trotzdem. Auf eine gegenseitige Kannibalisierung von „Basis“ und AfD bei den kommenden Bürgerschaftswahlen zu hoffen ersetzt keinen militanten Antifaschismus. Nachhaltig gegen rechts hilft sowieso nur die Entwicklung einer eigenen feministischen Klassenpolitik: Klassenkampf statt Verschwörungsideologien! Es bleibt also dabei, wir werden uns auch weiterhin auf den Straßen sehen müssen…