In Berlin sind in der Silvesternacht massiv u.a. Feuerwehr und Rettungskräfte angegriffen worden. Die Medienberichte überschlagen sich schier in der Verwendung von Superlativen zur Beschreibung der Vorfälle. Bilder enthemmter Horden voller Jungmänner, die ohne Sinn und Verstand über eine ansonsten friedliche Stadt kommen, werden gezeichnet.   

Die in den Medien vorherrschenden Erklärungen sind altbekannt. Sehr altbekannt sogar. Vor allem geht es um die vermeintliche Herkunft der Täter*innen, von denen man zwar nicht Namen und Adressen aber den Stammbaum zu kennen glaubt. Damit ist für die Rassist*innen von BILD bis AfD schon alles gesagt. Wer solche Großeltern hat, kann nur Feuerwehrwagen plündern wollen. Anderen dagegen, wie zum Beispiel beim Weser Kurier, ist scharfsinnig das geringe Alter des Gesindels aufgefallen. Von „Jugendgewalt“ schreibt er in seiner heutigen Ausgabe und greift damit richtig tief in die Kiste reaktionärer Erklärungen: Die „Halbstarkenkrawalle“ der 50er Jahre lassen grüßen. Das kommt bei der Kernalterskohorte der Abonent*innen des Weser Kurier bestimmt gut an. Die, die in Berlin das in der Silvesternacht kurzfristig entglittene Gewaltmonopol verwalten, vermeiden dagegen bisher als zu eindeutige Aussagen. Ihnen geht es um ein angemessenes Management. So fordert die Linkspartei ein „bundesweites Böllerverbot“ und auch Bremens SPD-Innensenator Mäurer haut in dieselbe Kerbe. Mit den Gründen der Täter*innen der Silvesternacht hat das zwar nichts zu tun, aber wenigstens müssen die sich dann nächstes Jahr andere Wurfgeschosse suchen. Die SPD dagegen, ganz Staatspartei, ist vor allem um das Gewaltmonopol aka den „Rechtsstaat“ besorgt.  

Hier geht es nicht um die Relativierung der Gewalt. Nicht nur in Berlin gehen während Silvester viele Menschen nicht mehr alleine auf die Straße. Es sind vor allem Frauen*, die von der patriarchalen Gewalt bedroht sind. Das massenhafte Abbrennen von Böllern ist nicht nur in der Klimakatastrophe der helle Wahnsinn. Der Schaden, den sie an Tieren und von ihnen getriggerten Menschen anrichten, ist dabei noch gar nicht erwähnt. 

Wer aber die Gewalt der Silvesternacht nicht nur verwalten möchte, muss etwas zu ihren Ursachen, zu den Gründen der Leute so zu handeln, sagen. Über die Gewalt dieser Gesellschaft. Über die alltägliche Gewalt der kapitalistischen Ausbeutung durch Lohnarbeit und über die psychischen Folgen der Konkurrenz „alle gegen alle“. Über die Preiserhöhungen, über die Pandemieverwaltung und die steigende Kriegsangst. Über tagtägliche Erniedrigungserfahrungen, ob zu Hause, im Amt oder bei der Arbeit. Dagegen hilft, feministische Gegenwehr, gewerkschaftliche Solidarität und eine antikapitalistische Selbstorganisation, der es ums Ganze geht.