english version below
Liebe Genoss*innen,
das Jahr geht zu Ende, der Kampf geht aber bekanntlich weiter. Deswegen laden wir euch hiermit herzlich zu einem bundesweiten Treffen am 31. Januar in Frankfurt/Main ein um gemeinsam darüber zu sprechen, wie wir angesichts von Fluchtbewegungen, Rassismus auf den Straßen und staatlichen Abschottungsversuchen als radikale, antiautoritäre Linke gemeinsam und bundesweit in die Offensive kommen können. Näheres findet ihr in unten stehendem Einladungstext in deutscher und englischer Sprache.
Wenn ihr Interesse habt zu kommen, sagt uns doch bitte unter info@umsganze.org kurz Bescheid, damit wir planen können.
Solidarische Grüße,
…ums Ganze! im Dezember 2015
Inhaltsverzeichnis
#all2gethernow: In Bewegung bleiben – Gegen die Abschottung und ihr Fans
Einladung von …ums Ganze an die radikale Linke zu einem Treffen zwecks Planung einer Mitmach-Kampagne und Verständigung über die kommenden Tage
So schnell kann es gehen. Nach der erfolgreichen Erpressung Griechenlands durch Troika und Bundesregierung schien im Sommer erstmal wieder linke Ratlosigkeit angesagt – selbst bei denen, die keine große Hoffnung in die staatliche Zähmung des Kapitalismus oder ein soziales Europa setzen. Aber die Siegesfeier des Europas, in dem „nun wieder deutsch gesprochen“ werden sollte, war ziemlich kurz. Zahllose Menschen umgingen die Abschottung der Festung und kamen trotz mehrfach gestaffelter Grenzen und einem gewalttätigen Rassismus auf den Straßen einfach selber ins Herz des Krisenregimes. Das Ergebnis: Das Dublin-System der Abschottung und Abschiebung ist zusammengebrochen. Diese Entwicklung ist auch ein Ergebnis der kontinuierlichen Arbeit einer breiten & grenzübergreifenden antirassistischen Bewegung.
Natürlich: Die Geflüchteten sind nicht hierhergekommen um den Kommunismus auszurufen und einfach war an ihrer Reise meist nicht. Im Gegenteil. Das Leid der Ertrunkenen und Ertrinkenden, der Eingesperrten und in Turnhallen Isolierten übersteigt die Vorstellungskraft der Meisten von uns. Es gibt ein Elend, dass sich der Erzählbarkeit entzieht. Ganz zu schweigen von dem Grauen, dass sich mit freundlicher Genehmigung der imperialen Mächte immer noch in Syrien und an zahlreichen anderen Orten abspielt. Zugleich ist genau dieses Elend nun nicht mehr ignorierbar. Die Kosten des europäischen Wettbewerbsstaates (german style) haben mit den Grenzen auch die Wahrnehmungsschwelle überschritten. Sie sind nicht mehr unsichtbar. Sie sind hier – und alle müssen sie sehen. Das Verdrängte ist wieder da. Das ist es, was die Experten der Abschottung wie die Rassisten auf den Straßen mehr noch als jede Angst vor Verteilungskämpfen in Paranoia und Hysterie treibt.
Hey Antifra, wir müssen mal reden…
Viel richtiges ist dazu in den letzten Monaten schon gesagt und getan worden. Eine Menge Genoss*innen haben sich in der konkreten Unterstützungsarbeit engagiert oder mit selbstorganisierten Konvois von der BRD über Österreich bis auf den Balkan konkrete Fluchthilfe geleistet. Bei zahlreichen Demos und Aktionen, von München bis Köln, Hamburg bis Berlin wurde deutlich gemacht, dass es keine „Flüchtlingskrise“, sondern eine der kapitalistischen Reichtumsverteilung und seiner Produktion gibt. Die Aufmärsche der völkischen Kulturkämpfer, von Pegida, AfD und Co, sind immer wieder mit direktem Widerstand konfrontiert worden. Auch gegen die staatlichen Versuche mit einer erneuten Verschärfung des Asylrechts auf die Autonomie der Migration zu antworten gab es diverse Protestaktionen. Und in Göttingen, Berlin, Bremen, Frankfurt und einigen anderen Städten haben schon praktische Initiativen zur Schaffung sozialer Zentren für Geflüchtete stattgefunden. Klar ist: Solidarität muss politisch werden.
Aber selbst wenn es schlimmeres gibt, als wenn die Welt sich schneller dreht als die radikale Linke – seien wir ehrlich: viel erreicht haben wir bisher nicht. Weder in Bezug auf die Einbindung der zahlreichen neuen Leute, die sich jetzt politisiert haben, noch im Hinblick auf das Ziel, Sand im wiederanlaufenden Getriebe der Abschottungsmaschinerie zu sein. Auch gegen die längst laufenden Versuche, Geflüchtete und Hartzer in der Konkurrenz gegen einander auszuspielen, haben wir noch keine ausreichende Antwort. Zumal zwar viel von Fluchtursachen, aber wenig von ihren deutschen und europäischen Verwaltern gesprochen wird – so als wäre der soziale Zerfall der Peripherie ein natürliches Schicksal und nicht das Ergebnis des globalen Kapitalismus. Mehr noch: Mit der AfD als organisatorischem Rückgrat einer neuen Rechten wird die gesellschaftliche Diskussion langsam, aber sicher, immer weiter nach rechts verschoben. Die Chance zur gemeinsamen Veränderung der Verhältnisse, die die Fluchtbewegungen bieten, wird zu einer ethnischen Bedrohung umgelogen. Außerdem sitzen viele Menschen, die es hierhergeschafft haben, schon wieder isoliert in Lagern, während die Grenzen der Festung Europa gerade bis in die Türkei vorverlagert werden. Spätestens der islamistische Terror von Paris, der uns eine Logik aufzwingen will, in der sich Sicherheitswahn, Rassismus und Fundamentalismus gegenseitig hochschaukeln können, hat es sehr deutlich gemacht: Uns läuft die Zeit davon.
Wir müssen jetzt mehr als „Hauptsache irgendwas“ tun. Nämlich unsere begrenzten Kräfte bündeln, uns finden, die Hebel da ansetzen, wo es weh tut – uns koordinieren. Das ist keine Frage des „richtigen Themas“. Der Kampf gegen das Krisenregime eines autoritären Wettbewerbsstaates und die Versuche, Löcher in das Grenzregime von Auslese und Abschottung zu reißen, gehören zusammen. Nur dann gibt es eine Perspektive auf Befreiung, die mehr ist als der Einstieg in die nächste Runde im Kampf aller gegen alle. Und, na klar, dafür muss die Solidarität politisch werden – die Frage ist jetzt nur: Wie? Und vor allem: wie weiter?
Karten auf den Tisch – and fight the game
Einiges können wir aus diesem Herbst lernen und es zeichnen sich schon einige Initiativen ab. Mit den „Stadt für alle“-Bündnissen kann die Auseinandersetzung um Wohnraum und den Zugang zur öffentlichen Infrastruktur gemeinsam aufgenommen werden. Breite Bündnisse gegen Aufmärsche von AfD und Pegida können wichtige Schritte sein, um dem Mob nicht die Straße zu überlassen. Auch Blockupy kann wieder ein Kristallisation- und Bezugspunkt werden, wenn es gelingt die Kämpfe zu verbinden. Und lokal sind die Situationen ohnehin so unterschiedliche, dass wir flexibel bleiben müssen. Aber: Wir denken, dass die radikale, antiautoritäre Linke mehr tun kann – und mehr tun muss – als nur dabei zu sein. Wir glauben, es braucht in und neben all diesen Initiativen die Sichtbarkeit einer praktischen Perspektive jenseits von Staat, Nation und Kapital.
Wir haben bereits einige Ideen, wie Schritte dahin aussehen könnten. Zum ersten planen wir lokale Angebot für all diejenigen Jungen und Alten zu schaffen, die jetzt aktiv geworden sind und Bock auf linksradikales Allerlei haben. Zum zweiten schwebt uns eine gemeinsame Antifa-Plattform vor, mit der wir den völkischen Rollback und dessen organisatorischen Kern, die AfD samt ihren Etablierungsversuchen in den kommenden Wahlkämpfen, bundesweit ins Visier nehmen können. Und zum dritten haben wir Ideen, wie wir gemeinsam mit Geflüchteten Widerstand gegen Abschiebungen und Lagerzwang organisieren und einigen Fluchtverursacher und Profiteuren hierzulande auf die Pelle rücken könnten. Auch Anlässe an denen wir diese Bemühungen öffentlichkeitswirksam zusammenführen könnten, bieten sich bereits an: Der AfD-Programmparteitag im Frühjahr, ein dezentraler Aktionstag gegen die Fluchtverursacher, der antinationale Feiertag am 3. Oktober im Pegida-Country Sachsen oder auch ein Ausflug an den schönsten Zaun Österreichs in Spielfeld, etc. pp. – es gibt eine Menge Möglichkeiten. Man sieht: Wie immer haben wir uns viel vorgenommen. Aber es gibt ja auch viel zu tun. Zeit zu überlegen wie. Deswegen wollen wir all das und gerne noch viel mehr, zusammen mit euch besprechen. Kommt ihr?
Frankfurt (Genauer Ort wird Anfang Januar nachgereicht)
31. Januar 2016
…ums Ganze! im Dezember 2015
#all2gethernow: keep moving – against fences and their fans
Invitation to the radical left: Lets meet and discuss the common ground as well as concrete plans for a participatory campaign in 2016
Left melancholy was all the reign, after last summer saw the successful blackmail of Greece by the troika and the federal governement. But celebrations of a „German-speaking“ (i.e. German dominated) Europe lasted only for a few short moments. Countless people entered and enter Fortess Europe every day. They reached its economic centre, Germany, despite the multitude of borders and fances they had to cross, as well as despite the viral racism in its streets. The outcome: The Dublin-System of forclosure and deportation broke down. This outcome is also the result of the continuous and evolving work of a broad, transrnational antiracist movement.
Of course: The goal of flight is not to build communism here, but to escape, and to find a better life. The suffering of the drowned, the imprisoned and isolated surpasses the imagination of most of us. It is a misery, which can not be recounted easily – not to speak of the horrors, which take place in Syria and many other places, often with the friendly permission of the imperial powers. At the same time, this misery can not be ignored any more. With the plentiful and continuous crossing of the fences around Europe, the price of the capitalist model of competing national economies has also crossed the threshold of the publics perception. The supressed has returned. And it is this return of the supressed, which drives the experts of forclosing and the racists on the streets into paranoia and hystery much more than any fear of fights for (re)distribution.
Hey Antifra, lets talk
A lot of enlightening things have been written on this subject matter in the last few month, and a lot of important things have been done. A lot of comrades are working in initatives helping here in Germany and Austria or organising car convois from Germany through austria up to the Balkan countries. Demonstrations and direct actions, from Munich to Cologne, Hamburg and Berlin have made clear, that we are not confronted with a „refugee crisis“, but with the problem of the capitalist production and distribution of wealth. The manifestations of Pegida and the Alternative for Germany (AfD) have been met with fierce resistance. And the futility of the states answer to the autonomy of migration, a further and further tightening of the asylum laws, has been pointed out again and again. In Göttingen, Berlin, Bremen, Frankfurt and many other cities practical intiatives to create social centres for refugees have taken place. It is clear: Solidarity has become political.
Nonetheless, the results have been moderate at best. We have not been able to integrate the many people, for whom the refugees are posing the question of the political, of solidarity and humanity a new, nor have we been effectively destabilzing the border-and-deportation regime. We are rather helpless while watching the attempts, to pin refugees and declassed against one another. There is a lot of talk about the reasons for fleeing, but little on the German and European stewards of these reasons – as if the disintegration of the preripheries of the world market was their natural faith and not a result of global capitalism and the continuity of colonial and neocolonial exploitation. With the AfD as the organised centre of new reactionary forces in Germany, the public discourse is moving to the right. The chances the movement of the refugees opens up for a transofrmation of the social relations we are forced to live in, is fabricated into a threat. Every day, the people who finally have arrived here, are forced to live in camps, isolated, while the fences of fortress Europe they tore down are reerected in Turkey. At the latest since the islamist terror of paris, trying to force on us logic, in which paranoia, racism and fundamentalism are pushing each other to ever greater heights, it has become clear to us: time is running!
Ist not enough to do something. We need to coordinate our limited resources and strengthes, find each other, to be able to attac this system where it hurts. This is not a question of the correct subject matter. The fight against the crisis regime of an authoritatian state trying to stay competetive and the attempts to tear down the walls of its borderregime of selection and foreclosure belong together. It is our gamble for a perspective of liberation, which is more than the next round of dog-eat-dog. The question is: How, how to continue?
All hands on deck – fight the game!
There are lessons to be learned from last autumn. Some perspectives are becoming clearer. The „Stadt für Alle“-alliance is showing us how the struggle for living-space and the one for free and open access to public infrastructure are and ought to be connected. The large mobilisations against AfD and Pegida are an important step. They show: We wont leave the streets to the racists. Maybe blockupy could again become a cristallisation point for all of this, if we manage to connect these different struggles. Locally, the situations are remain very diverse, so that we will have to stay flexible in any case. But we think the radical antiauthoritarian left can and must do more, than just play ist part. We believe that a visible and practical perspective beyond State, Nation and Capital is necessary within these manifold initatives.
We already developed some ideas: First of all, we want to make an offer for all those young and old, which have started to become active (again) now, and are interested in a more critical and thus more sustainable perspectve. As a second pillar we were thinking of a common antifa-plattform. Its goal is to put the racist rollback and its organised kernel, the afd, sharply into focus. Considering the upcoming elections, this seems of central importance. Our third idea is, to gather the resistance against deportations and isolaton by refugees and supporters a like and make things much more unconfortable for those people organising and stabilising global exploitation – and profiting from it. The party convention of the AfD this spring, the celebrations for the German reunification taking place in Pegida-Country Sachsen on the third of october, or a fieldtrip to the fence between Austria and Slovenia might be opportunities to bring our initiatives together. There is a lot to do. Lets get together and discuss. Lets get started. Are you coming?
Frankfurt (Exact location TBA)
31. January 2016
…ums Ganze!, December 2015