Thesen zur „Freiheit“ (2010)

Agitare Bene Cafe, 2.Dezember 2010

1) Die Forderung nach allgemeiner Freiheit ist ein allgemeiner sozialer Schluss, resultierend aus einer konkreten sozialen Fragestellung. Dabei erfolgt aber auf die konkrete soziale Fragestellung keine konkrete Analyse und Kritik dieser (aus welcher ein allgemeiner Schluss folgen könnte), sondern die Freiheit wird ihr allgemein entgegen gehalten. Die Fragestellung wird so unerklärlich und zum sozialen Mysterium, die Freiheit zum Glauben. Der Schluss auf bzw. die Forderung nach allgemeiner Freiheit dient so methodisch der Verschleierung der wirklichen Verhältnisse und ist im Marxschen Sinne idealistisch und damit falsch.

2) Die allgemeine Freiheit gibt vor außerhalb der Verhältnisse zu stehen bzw. emanzipatorisch über sie hinaus zu weisen. Ohne eine wirkliche Analyse und Kritik, fällt sie aber nur auf sie zurück und spiegelt sie als falsches Ideal wieder. Während die allgemeine Freiheit vorgibt den Verhältnissen unversöhnlich gegenüber zu stehen, feuert sie diese in Wirklichkeit noch an, ihre Selbstwahrnehmung als nicht realisierbar in den Verhältnissen erweist sich als gefährlicher Schein. Eine Freiheit die nicht wissen will (und kann) wovon sie eigentlich frei sein will, verkommt so zu den Jakobinern der Gesellschaftskritik: Indem sie vorgibt besonders radikal und unversöhnlich diesen gegen über zu stehen, treibt sie sie, durch das implizite Einfordern der maximalen Konsequenzen der Verhältnisse, auch noch auf die Spitze und verkehrt sich so ins Gegenteil des Beabsichtigten. Im besten Fall wird sie aber zum reinen Glaubensbekenntnis, welches Abseits der wirklichen Kritik, als Voraussetzung der Aufhebung der Verhältnisse, steht.

3) „Alle Mysterien, welche die Theorie zum Mystizismus verleiten, finden ihre rationelle Lösung in der menschlichen Praxis und im Begreifen dieser Praxis.“ – 8. These über Feuerbach. MEW 3, S. 535, 1845 An Stelle der Forderung auf allgemeiner Freiheit gehört deshalb die Forderung nach konkreter Freiheit: Der Freiheit vom gesellschaftlichen Verhältnis von Kapital und Arbeit, der Freiheit diese Verhältnisse endlich abzuschaffen, etc. .

4) Zum Anhängsel von Analyse, Kritik und Überwindung gewendet wird die Freiheit aber banal und überflüssig; sie schadet nicht, nützt aber auch nicht. In diesem Sinne ist ihre Verwendung nur noch eine reine Geschmacksfrage je nach Façon der verwendeten Vermittlungsform.

Basisgruppe Antifaschismus im Dezember 2010