Rechtsrock (2006)

Kraftschlag, Endlöser, Blutrausch, Sleipnir, Freikorps, Faustrecht, Boots Brothers, Sturmwehr, Hauptkampflinie – das sind nur einige Namen von deutschen Rechtsrockbands.
Wieviele solcher Bands es wirklich gibt ist nicht genau zu sagen, die Zahl der bekannten, aktiven Rechtsrockbands lässt sich allerdings mit rund 150 beziffern, Tendenz steigend.

Doch was ist das eigentlich, Rechtsrock ?
Es handelt sich bei Rechtsrock nicht um einen eigenständigen musikalischen Stil. Rechtsrock definiert sich über den ideologischen Inhalt. Schon längst ist rechte Musik aus der schmuddeligen Ecke des Skinhead-Rock herausgetreten. Es gibt mittlerweile InterpretInnen in allen musikalischen Bereichen. Rock, Heavy Metal in allen seinen Spielarten, Hard bzw. Hatecore, Pop, Folk, Techno, elektronische Musik, Volksmusik, Industrial, EBM, Punk, Dark Wave etc.
Der Grundgedank, rechte Ideologie mit Musik zu verknüpfen ist schon so alt, wie die Bewegung selbst. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden nationalistische Inhalte mit volkstümlichen Melodien und Marschmusik kombiniert. Richard Wagner hatte sich mit seinen Opern dem Ziel verschrieben, die Wiedergeburt des deutschen Volkes und des deutschen Geistes zu fördern.
In den 20er-Jahren wurde die bündische Jugend mit ihren Volks- und Marschliedern durch nationalistische bzw. völkische Gruppen ersetzt, welche die Lieder der ArbeiterInnenbewegung umdeuteten und mit eigenen, antiemanzipatorischen, nationalistischen und antisemitischen Texten versahen.

Nach 1945 gelang es den Rechten in Deutschland nicht, der Entwicklung von populärer Musik zu folgen. Die älteren Generationen hörten seichten Schlager, wärend Jugendliche sich neuen Musikformen zuwandten. Dass führte dazu, das völkische bzw. nationalistische Lieder aus dem öffentlichen Raum so gut wie verschwanden und lediglich im Umfeld entsprechender politischer Organisationen konsumiert wurden.
Erst durch die Einflussnahme der extrem rechten „National Front“ in der 70er-Jahren in Großbritannien auf die politisch diffuse Skinheadszene, gelang es der Bewegung Anschluss an die Jugendkultur der Nachkrigszeit zu erhalten, was sich als Schlüssel zu einer neuen, rechten (Jugend)Bewegung erweisen sollte.

Mitlerweile ist durch Rechtsrock eine internationale Szene mit einem millionenschweren Markt entstanden. Geprägt wird die Szene nach wie vor durch das 2000 in Deutschland als terroristische Vereinigung verbotene internationale „Blood & Honour“ Netzwerk.

Die Texte rechtsextremer Musik haben sich im Laufe der Zeit stark gewandelt. In den ersten Jahren zielten die sie eher auf die Errichtung eines harten, männlichen Selbstbildes ab. Im Mittelpunkt standen Alkohol, Fußball, Gewalt und ein diffuser Nationalismus.
Im nationalen Taumel des wiedervereinigten Deutschlands verschärfte sich der Ton jedoch. Gewaltphantasien wurden immer deutlicher geschildert, offene Aufrufe zur Gewalt bis zu konkreten Morddrohungen häuften sich.

Der explonsionsartige Anstieg rechter Gewalt, die Pogrome und Mordanschläge von Hoyerswerda, (September 91) Rostock-Lichtenhagen (August 92) und Mölln (November 92) hatten großen Einfluss auf die Rechtsrock-Szene und da sich die Protagonisten mit so gut wie keiner Repression durch die Bundesrepublik konfrontiert sahen, begann die Szene Grenzen auszuloten.
Auch das blieb erstmal folgenlos.
Erst als die Regierungskampagne mit dem Ziel der De-facto-Abschaffung des Grundrechts auf Asyl, welche rassistische Gewalt und die Stimmung ihr gegenüber deutlich begünstigte, erfolgreich war, wurde reagiert.
Nach dem Brandanschlag in Mölln im November 1992 wurden einige Nazi-Organisationen verboten, die Polizei griff härter durch und auch in der Rechtsprechung wurde der politische Hintergrund von rechten Gewalttaten nicht mehr ganz so oft übersehen. Nachdem in der Öffentlichkeit bisher das Feindbild des faulen Asylanten produziert wurde, wird dieses jetzt durch das Feindbild Neonazi ersetzt.
Auch die Rechtsrockszene bekommt dieses neue Klima zu spüren, was dazu führt, dass es immer mehr Texte gibt, welche zwar eindeutig rechtsextrem sind, jedoch nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen.

Auf der anderen Seite wird weiterhin eindeutiger Rechtsrock mit direkten Texten produziert. Allerdings nicht für den offenen Markt. Solche Tonträger werden konspirativ produziert und genauso innerhalb der Szene verbreitet.
Ein Beispiel für eine solche Band ist die Berliner Gruppe „Landser“, welche 2001 als terroristische Vereinigung verboten wurde.
Bis heute lassen sich Rechtsrock-Produktionen in diese zwei Bereiche einteilen. Die für den offenen Markt konzipierten Veröffentlichungen und die konspirativ produzierten und verbreiteten Tonträger von Bands wie „Landser“, den „Zillertaler Türkenjägern“ oder „Härte“, welche sich mit ihren Texten klar in der Illegalität bewegen.
Bremen und sein Umland ist eine Hochburg für Rechtsrock in Deutschland. Die Hansestadt allein hat einige sehr bekannte Bands hervor gebracht – das Umland nicht miteingerechnet.
Mit „Endstufe“ (gegründet 1981) stammt die dienstälteste Rechtsrockband aus Bremen und „Kategorie C“ stellte bundesweit eine wichtige Schnittstelle zwischen organisierten Nazis und unpolitischen Hooligans dar.

Artikel aus der Zeitung „Mehr als ’nur‘ gegen Nazis“, die von uns zum NPD Aufmarsch am 4.11.06 verteilt wurde.