Den Naziladen Sportsfreund dicht machen! (2009)

Den Naziladen Sportsfreund dicht machen!

Drei Brüder – eine Szene
In der Faulenstr. 9 in Bremen befindet sich der Laden „Sportsfreund“, betrieben von Marten Ostendorf. Mitten in der Innenstadt werden Sportlernahrung und Freizeitkleidung kundenfreundlich und unverfänglich beworben. Doch das freundliche Ambiente täuscht: Denn hier bekommt der modebewusste Nazi von heute was sein Herz begehrt, u.a. Marken wie „Thor Steinar“, „Erik & Sons“ und „Kategorie C“ Fanutensilien. Marken, die eindeutig von Nazis für Nazis gemacht sind, jedoch auf den ersten Blick nicht als solche zu erkennen sind. Familiär befindet sich Marten in bester Gesellschaft. Seine beiden Brüder Henrik und Hannes sind seit langem in der Nazi-Szene aktiv. Während Henrik Ostendorf, Mitglied des mittlerweile verbotenen Neonazi-Netzwerks „Blood & Honour“, bei der Parteizeitung der NPD im sächsischen Risa sein Geld verdient, schmiert Hannes Ostendorf in seinem Bistro „Baguette de France“ Baguettes für hungrige LilienthalerInnen und verbringt seine verbleibende Zeit als Sänger der Hooligan- Band „Kategorie C“. Hannes sang früher für die Neonazi-Band „Nahkampf“. So verwundert es auch nicht, dass er zusammen mit der Rechtsrock Band „Agitator“ auf einer Demonstration für den inhaftierten Sänger der Nazi-Band „Landser“ auftrat. Hannes war auch dabei, als am 20.01.07 von Neonazis und Hooligans eine Party linker Ultras im Ostkurvensaal überfallen wurde. Zudem sind beide Brüder bei der Hooligan-Gruppierung „Standarte Bremen“ aktiv. Marten Ostendorf reiht sich nahtlos in die Tätigkeiten der beiden ein. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass er die politischen Aktivitäten seiner Brüder unterstützt, sei es mit einer Siginierstunde von „Kategorie C“ in seinem Laden oder mit seinem direkt auf die Nazi- und Hooligan-Szene zugeschnittenen Angebot.

Nicht mit uns!
2007 gründete sich aus der Initiative antifaschistischer Gruppen heraus die Kampagne „Ladenschluss“. Eines ihrer erklärten Ziele ist die Schließung des „Sportsfreund“ und aller anderen Nazi-Geschäfte und -Versände in Bremen. Es folgten die Herausgabe einer Broschüre zur Offenlegung der Geschäftsstrukturen der Nazis, eine Veranstaltungsreihe, Flugblattaktionen und eine Demonstration, die bis kurz vor den „Sportsfreund“ führte. Uns ist bewusst, dass wir uns mit Ziel und Aktionen zunächst einmal als eine Art Feuerwehr betätigen und das Augenmerk auf die offensichtlichen reaktionären Ausformungen der Gesellschaft richten. Für uns ist es jedoch selbstverständlich dass mit der Schließung der Nazi-Läden die Arbeit nicht getan ist.

Des Pudels Kern…
Das Auftreten von Nazis – in welcher Form auch immer – ist niemals losgelöst vom gesellschaftlichen Kontext zu betrachten. Wenn Mensch sich die Frage stellt, warum es für Nazis möglich ist, sich zu etablieren und zum Teil mehrheitsfähig zu werden, wird deutlich, dass es Schnittstellen zur sogenannten „Mitte der Gesellschaft” gibt. Als solche sind latente Xenophobie, Antisemitismus, Sexismus, Homophobie und jede andere Form von Ausschluss- und Verwertungslogik, die in kapitalistischen Gesellschaften reproduziert werden, zu nennen. In der Praxis zeigt sich dies zum Beispiel im institutionalisierten Rassismus der deutschen Abschiebepolitik, der Illegalisierung von Menschen oder dem Verdrehen der Geschichte hin zu einer deutschen Opferrolle. Auch die Beibehaltung von Geschlechterrollen und autoritären Familienverhältnisse unter gleichzeitiger Diskriminierung von der Norm abweichender Lebensentwürfe sowie das Bewerten von Menschen nach der Verwertbarkeit ihrer Arbeitskraft sind in diesem Kontext zu nennen. All diese Vorstellungen und Verhaltensweisen sind kein Zufall, sondern Bestandteile einer Gesellschaft, deren Grundlage die Ausbeutung und Unterdrückung der Menschen durch den Zwang zur Lohnarbeit ist. Identitätsstiftend bildet das Konstrukt der „Nation” die Klammer um Ausgrenzung und Verwertung. Die Einteilung von Menschen in „wir” und „die Anderen”, „nützlich” und „unnütz” ist einendes Moment. Nazis und bürgerliche Gesellschaft unterscheiden sich an dieser Stelle primär durch die Definition von „Nation” zum Einen als „Gemeinschaft von Blut und Boden”, zum Anderen als Zusammenschluss mit demokratischem Anstrich, der je nach Bedarf wirtschaftlich, kulturell oder regional definiert wird. Beides hat eine explizite Abgrenzung nach „außen” zur Folge. Um linke Kritik an diesen gesellschaftlichen Zuständen zu diskreditieren, bedient sich die „Politik der Mitte“ der Extremismustheorie, die die Gleichsetzung von rechts und links beinhaltet. Emanzipatorische Bewegungen werden somit gesellschaftlich delegitimiert und Ziel staatlicher Repression. Antifaschistische Arbeit wird kriminalisiert.

Wo die Weser einen großen Bogen macht…
In Bremen gibt es viele Beispiele für eine solche Politik. Jüngst wurde eine linke Antirepressionsdemo bereits im Vorfeld unter fadenscheinigen Gründen verboten. Die darauf folgende Spontandemonstration endete für 170 AktivistInnen in „Präventivgewahrsam“, um den Bremer BürgerInnen einen „ungestörten Weihnachtseinkauf“ zu ermöglichen.Obwohl diese Zustände noch nicht zum Alltag gehören, wundert es heutzutage keine linke Aktivistin, keinen Aktivisten mehr, wenn Demonstrationen permanent gefilmt und mit einem immensen Polizeiaufgebot umringt werden oder die Teilnahme durch schikanöse Vorkontrollen erschwert wird. Beispiel hierfür ist die antifaschistische Demonstration in Bremen-Nord im Sommer 2008. Auch keine Seltenheit ist die Observierung und Einschüchterung von DemoanmelderInnen.
Die nächste Stufe der Repression sind verschärfte Versammlungsgesetze, wie in Bremen angedacht und in Bayern und Baden-Württemberg bereits realisiert, was die faktische Abschaffung der Versammlungsfreiheit bedeutet. Auch dass ein Teil der Bremer Ultraszene wegen linker Orientierung und antifaschistischem Habitus in den Fokus der Bremer Bürgerschaft rücken stimmt nachdenklich. Zeigt dies doch, vor dem Hintergrung, dass es seit Jahrzehnten eine organisierte und nahezu unbehelligte Nazi-Hool-Szene in Bremen gibt, wodurch sich Teile der „gesellschaftlichen Mitte“ bedroht fühlen und wo sie Handlungsbedarf sehen.

Aktiv werden!
Wir mobilisieren für den 14. März 2009 zur antifaschistischen Demonstration gegen den „Sportsfreund“! Denn auch wenn wir mit der Schließung des „Sportsfreund“ und anderer Nazi-Läden keinen Wandel der Gesellschaft erreichen, so ist es doch zwingend notwendig gegen die Strukturen der Nazis vorzugehen. Das scheinbar harmlose Geschäft trägt dazu bei, dass eine „neue“ Art von Nazi-Kleidung salonfähig wird, die als solche nicht unbedingt zu erkennen ist, in der Szene selbst jedoch Wiedererkennungswert hat. Dies führt zu einer Enttabuisierung der Akteure und der von ihnen vertretenen Inhalte. So öffnen sich durch den zunächst unverfänglichen Look andere Jugendszenen als Rekrutierungsfeld. Gleichzeitig dient der Laden als Treffpunkt und Vernetzungsmöglichkeit der Naziszene. Zudem können sich einzelne Nazis so ein wirtschaftliches Standbein auf Basis der KundInnen aus der eigenen Szene aufbauen. All dem müssen wir uns entschlossen entgegenstellen!
Die Etablierung einer antifaschistischen Protestkultur bietet Raum und Möglichkeiten für weiterführende politische Auseinandersetzungen und die Verbreitung emanzipatorischer Ansätze.
Lasst uns also diesen konkreten Anlass nutzen – kommt zur antifaschistischen Demonstration am 14.03.2009.

Keinen Raum – Keine Straße – Keinen Meter den Nazis und RassistInnen.
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