Für den 13.01.2013 ruft das Bündnis “Rosa & Karl” zu einer alternativen Gedenkdemonstration in Berlin auf. Das Bündnis distanziert sich vom Traditionsmarxismus und anderen Formen autoritärer Kommunismusrezeptionen und möchte “eine emanzipatorische Alternative zur traditionellen LL-Demonstration” initiieren. Wir befinden die Stoßrichtung, sowie das Anliegen des Aufrufes “Gedenken in der Krise”, den wir im folgenden dokumentieren, größtenteils als unterstützenswert: www.rosaundkarl.de
In den letzten Wochen wurde vermehrt Kritik an dem vorwiegend aus sozialdemokratischen Jugendorganisationen bestehenden Bündnis formuliert (1). Und dies mit Recht. Auch wir sehen ein Gedenken mit Organisationen die im historischen Erbe derer stehen, die die Ermordung derer billigten, der sie zu gedenken wünschen, als problematisch. Doch unsere Kritik verläuft nicht nur an der historischen Tat der Sozialdemokratie und ihres vermeintlichen Verrates, sondern an der aus der sozialdemokratischen Theorie und Praxis resultierenden Kontinuität. Dabei sind wir uns über das Anliegen der beteiligten Sozialdemokrat*innen, die eigene Vergangenheit kritisch zu verhandeln, bewusst und heißen dies gut. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte der eigenen Bewegung wäre auch bei der LL-Demonstration wünschenswert.
Nein, nein, das ist nicht der Kommunismus.
Die Geschichte der kommunistischen Bewegung ist die Geschichte des Scheiterns. Die LL-Demonstration ist das Zurschaustellen dieses Scheiterns. Um eine Fehleranalyse des eigenen Scheiterns zu betreiben müsste man sich das Scheitern der eigenen Bewegung eingestehen. Die LL-Demonstration mit ihren Sektchen und Sekten, ihren Traditionmarxist*innen und Fans jeglicher Diktaturen die je im Namen der kommunistischen Idee Angst und Schrecken verbreiteten, ist sicherlich alles, nur nicht das Eingeständnis, dass das was im Namen der Idee vollbracht wurde nicht der Zustand war, in dem alle Verhältnisse umgeworfen worden sind, “in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen” gewesen ist. Von Selbstkritik gänzlich zu schweigen wird von Teilnehmer*innen des traditionellen Gedenkens auf Kritik emanzipatorischer Linker mit Gewalt reagiert.
Es ist unlängst an der Zeit, unabhängig von der Bedeutung, die die LL-Demo für die autonome und antifaschistische Linke vor allem nach 1990 hatte, einen eigenen Weg einzuschlagen jenseits der Verehrung von Diktatoren und dem Motto “Tradition statt Vernunft”. Nun haben diesen Weg u.a. sozialdemokratische Jugendverbände eingeschlagen – sicherlich nicht die beste Lösung.
„Wer hat uns verraten? – Sozialdemokraten“?
Sich verraten fühlen kann jemand, die*der fälschlicherweise ihre*seine Hoffnung und ihr*sein Vertrauen in jemanden setzt, dessen Anliegen man zu teilen glaubt. Bei der Erkenntnis, dass die Person oder Institution nicht den erwarteten Zweck teilt, erscheint dieses als Verrat. Wen oder was soll die Sozialdemokratie verraten haben? Die Proletarisierten? Die Abschaffung des Kapitalismus? Die Kommunist*innen? Den Kommunismus?
Die Sozialdemokratie kann nicht verraten womit sie nie etwas zu tun hatte! Der Zweck sozialdemokratischen Handelns, unbenommen eigener Reformillusionen in einen „demokratischen Sozialismus“ einiger, liegt in der Machtbeteiligung am bürgerlichen Staat. Hier verpflichtet sich die sozialdemokratische Partei dem nationalen Wohl, denn dies ist die Bedingung demokratischer Machtbeteiligung. Die Sozialdemokratie teilt den Zweck des nationalen Wachstums als Bedingung für Wohlstand, ihr Anliegen dabei ist nur eine “gerechtere” Verteilung des erwirtschafteten Reichtums, flankiert von staatlichen Sozialleistungen. Der Staat wird dabei als Werkzeug und das Wachstum als Wohlstand verklärt. Die Lohnarbeit und Hausarbeit als Bedingung dieses Reichtums sieht die Sozialdemokratie nicht als Problem, nicht als die eigentliche Ausbeutung ihres vermeintlichen Klientel, der Proletarisierten. Die Aufgabe, genau diese für einen reibungslosen Ablauf der Kapitalverwertung zu gewinnen und zu organisieren fällt der Sozialdemokratie zu. Wenn sich also jemand durch die eine oder andere Reformforderung der Sozialdemokratie über deren Intention täuschen lässt, handelt es sich wohl weniger um Verrat als um den Mangel einer kritischen Prüfung des Anliegens dieser.
Der sozialdemokratische Dienst an der Nation, das reibungslose Zusammenspiel von Staat, Kapital und Arbeit, ist seit jeher Programm der Sozialdemokratie. Er zieht sich seit dem Gothaer Vereinigungsparteitag, durch die Billigung von Kriegskrediten, durch die Niederschlagung des Spartakusaufstandes und auch durch die gebilligte Ermordung von Rosa und Karl. Sie endet nicht bei der unrühmlichen Machtübergabe an die NationalsozialistInnen, nicht beim nachkriegsdeutschen Antikommunismus und auch nicht bei Hartz IV.
Als antinationale Kommunist*innen eint uns nichts mit der Sozialdemokratie! Emanzipation ist nicht zu haben mit Staat, Nation und Kapital.
Wir bleiben unversöhnlich!
Nichts desto trotz haben wir uns entschieden am 13.01.2013 nach Berlin auf die “Rosa & Karl”-Demonstration zu fahren. Nicht weil wir die Sozialdemokratie als geeignete Bündnispartnerin betrachten. Nicht weil es uns um die Spaltung der radikalen Linken sondern weil es uns um die Rettung des Wahrheitsgehalts der kommunistischen Idee geht! Die Farce des traditions-marxistischen Karnevals, der die Opfer, die im Namen der kommunistischen Idee ermordet wurden, verspottet, ist einer Bewegung die sich die Befreiung der Menschheit zur Aufgabe gemacht hat nicht würdig. Wenn es der radikalen Linken mit dem Kommunismus ernst ist, darf sie ihre Augen nicht verschließen vor der eigenen Geschichte.
Ein Bruch mit dem Diktatoren-abfeiernden Gedenkmarsch ist lange hinfällig, umso tragischer und widersinniger erscheint die Tatsache, dass ein Bündnis, das primär aus sozialdemokratischen Jugendverbänden besteht, diesen Bruch initiiert. Wir halten es für einen Fehler ein emanzipatorisches Gedenken der Sozialdemokratie zu überlassen.
Aus diesen Gründen rufen wir zur Beteiligung an der “Rosa & Karl”-Demonstration auf um dieser ihren gebührenden antinationalen und kommunistischen Charakter zu geben.
Keine Nation, Kein Staat, Kein Kapitalismus. – Keine Kompromisse!
1: Das hier primär auf die Sozialdemokratie eingegangen wird, ist der Tatsache geschuldet, dass der einzige Vorwurf an das Bündnis das historische Erbe der Sozialdemokratie ist (neben dem Vorwurf der “Spalterei”, denn zuvor stellte es ja kein Problem dar, dass sich Sozialdemokrat*innen an der LL-Demo beteiligten). Wir sind uns bewusst über die Beteiligung anderer Gruppen, bei denen diese Kategorie nicht angebracht ist.
Mitfahrgelegenheit aus Bremen zur Rosa&Karl-Demo zum Selbstkostenpreis: Kontakt@basisgruppe-antifa.org