Überblick über Naziaktivitäten in Bremen
Es war Anfang der 90er Jahre, als der ehemalige Bundeswehroffizier und NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt seiner damals personell und konzeptionell überalterten Alt-Nazi-Partei eine neue Strategie verpasste: Das sog. Drei-Säulen-Konzept. In einem dreigliedrigen Kampf um „Straße, Köpfe und Parlamente“ sollten No-Go-Areas für Menschen mit nichtdeutschter Herkunft und alle anders Denkenden und Lebenden geschaffen werden. Mit dieser Strategie machte Voigt den Weg für eine enge Vernetzung seiner Partei mit dem Kameradschaftsspektrum (das sind oft gewalttätige Nazis, die es ablehnen, sich in Parteien zu organisieren) frei.
Der Erwerb des ehemaligen Militärgeländes „Heisenhof“ in Dörverden durch den Hamburger Nazi-Anwalt Jürgen Rieger, die Veranstaltung von immer mehr Rechtsrockkonzerten und der immer offenere Terror insbesondere gegen Linke durch die sog. Anti-Antifa im Bremer Umland sind vor diesem Hintergrund kein Zufall, sondern Teil einer Strategie, sich auch in Bremen breiter zu etablieren. Rieger will so die „Städte vom Land aus erobern“ – Bremen und sein Umland haben für ihn dabei eine Schlüsselfunktion.
Auch im angeblich liberalen Bremen fällt die braune Propaganda auf fruchtbaren Boden: Bereits Anfang der 70er Jahre war hier die NPD in Fraktionsstärke im Landesparlament vertreten und von Ende der 80er Jahre bis heute verbreitet die DVU in der Bürgerschaft ihre Hetztiraden. Das rechte Milieu ist allerdings größer, als die jeweiligen drei bis vier Prozent der DVU (die wegen einer besonderen Bremerhavener Wahlrechtsklausel auch mit weniger als 5% in die Bürgerschaft einzieht). Das zeigt zum Beispiel das nur äußerst knappe Scheitern der rechten „Schill-Partei“ bei der letzten Bürgerschaftswahl – bei gleichzeitigem Einzug der DVU ins Parlament.
Das offene Agieren der Nazis in Bremen blieb bisher auf die sogenannten Randgebiete beschränkt: So marschierte die NPD in der jüngsten Vergangenheit schon zweimal durch Bremen-Nord. Dies lag aber nicht an mangelnden Nazistrukturen in Bremen-Stadt, sondern an ihrer eigenen Zerstrittenheit. Im Gegenteil, Bremen ist seit Jahrzehnten eine Hochburg faschistischer Aktivitäten: So waren Bremer Nazis beispielsweise VorreiterInnen bei der Etablierung einer breiten Rechtsrockszene mit bundesweiter Ausstrahlung. Aber auch unter den organisierten gewalttätigen Bremer Fußballfans, den Hools, sind die Nazis seit Jahren nicht nur etabliert, sondern sogar bestimmend. Dies alles ergibt eine braune Suppe, in der sich auch die Bremer Kameradschaften nicht nur seit Jahren wohlfühlen, sondern auch immer weiter wachsen.
Kameradschaften und NPD machen auch in Bremen gemeinsame Sache: Ob es um das Verteilen von Rechtsrock-CDs vor Bremer Schulen geht oder um den organisierten Terror gegenüber denjenigen, die nicht in ihr rassistisches und antisemitisches Weltbild passen, all dieses ist auch hier schon lange alltäglich.
Bremen ist nicht die ruhige Insel zu der sie die PolitikerInnen und SozialarbeiterInnen gerne schönreden würden – im Gegenteil.
Artikel aus der Zeitung „Mehr als ’nur‘ gegen Nazis“, die von uns zum NPD Aufmarsch am 4.11.06 verteilt wurde.