8. Mai 2007: Wer nichts zu feiern hat, hat verloren!

Folgendes Flugblatt wurde von uns auf der Demo der Studierenden gegen Bildungs- und Sozialabbau in Bremen am 08. Mai verteilt.

8. Mai: „Spasibo“ heißt „Danke“!
Wir bedanken uns recht herzlich beim Rektorat der Uni dafür, dass es uns die größte Bremer Demo seit Jahrzehnten anlässlich des Jahrestages der Befreiung vom Faschismus ermöglicht hat.

Vor 62 Jahren, am 8. Mai 1945, musste das militärisch geschlagene Deutschland bedingungslos vor den Alliierten kapitulieren. An diesem Tag wurde die Welt vom Nationalsozialismus, der vom Großteil der Deutschen mitgetragen wurde,
befreit. Die Ära von Rassenwahn, Krieg, der Vernichtung der europäischen Juden und Jüdinnen, der Roma und Sinti und all der anderen Menschen, die nicht ins Weltbild der Nazi-Ideologie passten, kurz die Ära der nationalsozialistischen Barbarei, fand damit ein Ende. Der Tag der Befreiung ist daher ein Tag der Freude!

Ein würdiges Gedenken an die Opfer und die Gegner_innen der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie muss auch noch heute den Widerstand gegen geschichtsrevisionistische Tendenzen beinhalten. Neben Schlussstrichdebatten und der Instrumentalisierung der Erinnerung an die Shoah* zählen hierzu auch Debatten, in denen die Täter_innen zu Opfern oder die Opfer zu Tätern_innen gemacht werden. Ob als Leidtragende der Umsiedlungen oder der Bombardierung deutscher Städte – das Bedürfnis, die nationalsozialistische Geschichte aus einer anderen als der Täter_innenperspektive zu betrachten, ist groß. So gedenken beispielsweise in Dresden alljährlich Zehntausende den deutschen Opfern der alliierten Luftschläge. Ausgeblendet wird, wer für den Krieg verantwortlich war und von welcher überwältigenden Mehrheit der Faschismus akzeptiert und getragen wurde. Mit der Stilisierung der Deutschen zu Opfern geht die Dämonisierung der Befreier_innen einher. Anknüpfend an antikommunistische Ressentiments fallen Debatten über „den Schrecken und das Leid der (deutschen) Bevölkerung, welche die Rote Armee von Ostpreußen bis nach Berlin zu verantworten“ habe, auf fruchtbaren Boden.

In einer Atmosphäre von alltäglichen Rassismen und Arbeitsfetisch, schicken sich nach wie vor rechte Parteien und Gruppen (und auch nicht nur zu Wahlkämpfen) an, gesellschaftlichen Einfluss zu gewinnen. Sie versuchen dabei in Zeiten von erhöhter Erwerbslosigkeit, steigender Verelendung großer Teile der Gesellschaft und scheinbarer Alternativlosigkeit, an den Mainstream anzuknüpfen. Zum fortschreitenden Bildungs – und Sozialabbau sind die „Lösungen“ der Rechten aber eigentlich auch keine anderen, als die vom Kapitalismus praktizierten, sie sind nur in ihrer Brutalität konsequenter.

Am 62. Jahrestag der bedingungslosen Kapitulation bedanken wir uns daher bei den Befreier_innen, den Partisan_innen und Widerstandskämpfer_innen, deren Einsatz gegen die Nazi-Tyrannei oftmals klein geredet und verleumdet wird. Wir trauern um die Opfer von Faschismus, Krieg und Völkermord, im Wissen, dass der antifaschistische Kampf weiterhin notwendig ist.

Wer heute nichts zu feiern hat, der hat verloren!