Unter dem Motto „Gemeinsam streiten statt gegeneinander kämpfen“ ruft für Samstag den 25. Mai 2019 das Bremer „Bündnis gegen Rassismus und Rechtspopulismus“ zu einem Sternmarsch mit abschließender gemeinsamer Demonstration vom Brill zum Bahnhofsvorplatz auf. Laut Presseberichten rufen „knapp 20 Initiativen, Gewerkschaften, Parteien und Vereine“ zur Demonstration auf. Mit dabei sind u.a. der DGB Bremen, das Bremer Friedensforum und die Linkspartei. Die Demonstration wird prominent von einem ehemaligen Bundestagskandidaten und bekennenden Trotzkisten mit organisiert.

Inhaltlich ist die Demo auf die kommenden Wahlen in Bremen und vor allem gegen die AfD, BiW und Nazis gerichtet. In ihrem Aufruf sprechen sich die Organisator*innen ganz allgemein für „bessere Arbeits- und Lebensbedingungen“ aus, wünschen sich eine „solidarische Gesellschaft in der Einkommen, Vermögen und Lebenschancen gerecht auf alle verteilt sind“. Der Aufruf reduziert Rassismus auf eine „Sündenbock-Politik“ – und ist natürlich dagegen. 

Der Anlass der Demonstration ist ein richtiger. Zunehmend gelingt es der politischen Rechten auch in diesem Land unter dem Label AfD sich organisatorisch zusammen zu schließen und gesellschaftlich wirkungsmächtiger zu werden. 
Eine der politischen Erfolgsvoraussetzungen hierfür ist die gegenseitige Akzeptanz, wie sie im strategischen Konzept der „Mosaikrechten“ angedacht ist. Sie reicht heute von evangelikalen Christen und Nationalliberalen über die völkische Rechten bis zu faschistischen „Identitären Bewegung“.

Ausdruck dessen ist die flächendeckende parlamentarische Präsenz der AfD. Die Folge von alle dem ist eine zunehmend offene Gewalt gegen Beispielsweise Geflüchtete, Queers, Linke und alle anderen, die nicht in das Weltbild der Rechten passen. Aber auch eine allgemeine politische Rechtsverschiebung zum Beispiel in Form von Rechtsverschärfungen bzw. deren Auslegungen durch Gerichte und Behörden, Polizei und co sind Ausdruck dieser Verschiebung des gesellschaftlichen Kräfteverhältnisses. Dieser Rechtsruck muss gestoppt werden, lieber gestern als heute und mit allen dafür nötigen Mitteln!

Stoppen lässt sich der Rechtsruck, die politischen Fans des Kampfs „Alle gegen Alle“ (Zugezogen Maskulin) nur durch unsere organisierte, militante Solidarität entlang unser gesellschaftlichen Positionierungen, unser Klassenlage und Bedürfnisse. Dafür ist aber mehr nötig als ein paar allgemeine Sprüche über „Gerechtigkeit“ und das Ablaufen von Demonstrationsrouten. Nötig dagegen wäre eine Analyse der gesellschaftlichen Ursachen von Rassismus, Nationalismus und Sexismus und eine dem entsprechende Praxis die sich gegen ihre Ursachen, diese patriachal-kapitalistische Gesellschaft richten müsste. Dies auch am besten tagtäglich und nicht nur an Tagen vor Wahltagen. Verkehrt dagegen ist es, diese Gesellschaft zusammen mit ihren politischen Einrichtungen und Fans, ihren Politiker*innen und Einheitsgewerkschaftler*innen, auch noch zu verteidigen. 
Ob der Aufruf und die Mehrzahl der Aufrufenden der Demo am 25. Mai das leistet bzw. wollen ist stark zu bezweifeln. 

Zuhause bleiben als auch Nationalismus sind aber in den Zeiten des Rechtsrucks für uns beide keine Alternative.
Wir rufen deshalb zur Teilnahme am NIKA Bremen-Block, dem Block der bundesweiten Mitmachkampagne Nationalismus ist keine Alternative, auf. Wir hoffen das dieser ein kleiner, nützlicher Beitrag auf dem Weg zur Entwicklung einer militanten Solidaritätsbewegung entlang unser Positionierungen, Klassenlage und Bedürfnisse sein kann.
Kommt in den NIKA Bremen-Block am 25. Mai um 14 Uhr auf dem Ziegenmarkt im Bremer Steintorviertel!

Aufruf von NIKA Bremen zur Teilnahme als NIKA-Block an der antifaschistischen Demonstration in Bremen am 25 Mai 2019. Kommt zum NIKA-Block um 14 Uhr auf dem Ziegenmarkt.

„Zusammen kämpfen“

Am 26. Mai ist Wahltag. Sowohl in der Bremischen Bürgerschaft, als auch auf EU-Ebene werden die Bürgerinnen und Bürger zu den Urnen gerufen.
Während vieles darauf hindeutet, dass Bremen auch in den nächsten Jahren weiterhin sozialdemokratisch regiert werden wird, ist die Prognose für den gesamteuropäischen Wahlausgang ungleich düsterer. Es herrscht Krisenstimmung auf dem gesamten Kontinent! Das neoliberale Projekt Europa droht an den inneren Widersprüchen des Kapitalismus zu scheitern. Zusätzlich formieren sich die Rechten europaweit auf den Straßen und in den Parlamenten.

Am europäischen Rechten Rand

Ebenso wie die AfD in Deutschland, konnten zahlreiche andere rechte Parteien und Strömungen in ganz Europa mit ihrer rassistischen und menschenfeindlichen Hetze Wahlerfolge erzielen. Dabei versteifen sich die Rechten auf ihr altbewährtes Erfolgsrezept, in dem sie versuchen die voranschreitende, gesellschaftliche Verrohung angesichts des umfassenden neoliberalen Sozialkahlschlags zu biologisieren und rassistisch zu wenden. In bester Sie-klauen-unsere-Jobs-Manier ist es ihnen vielerorts gelungen die permanente Verunsicherung der Menschen im Kapitalismus in eine vermeintliche Bedrohung für das eigene Volk umzudeuten, durch diejenigen, die angeblich nicht dazugehören und diesem Schaden wollen (Migrant*innen, Ausländer*innen, aber auch Feminist*innen, Linke, etc). Parteien wie die AfD, PiS, Jobbik, UKIP oder Lega Nord bilden die parlamentarische Spitze einer gesamtgesellschaftlichen autoritären Formierung, die sich immer stärker in Richtung eines neuen Faschismus ausformt. Den Inhalt dafür bieten die alten faschistischen Theorien der “Neuen Rechten”, die in Deutschland von ideologischen Brandstifter*innen wie Götz Kubitschek und Gleichgesinnten verbreitet werden. Anklang und Verwendung finden diese bei den Aktivist*innen der Identitären Bewegung, über die Anhänger*innen rassistischer Bewegungen wie Pegida, in Verfassungsschutzämtern, Polizei, Bundeswehr (Hannibalnetzwerk), bis hin zu rechtsterroristischen Netzwerken wie Combat18 oder vermeintlichen ‘lone wolf’ Attentätern, wie dem Christchurch-Terroristen. 

Die Krise Europas

Gegen diesen Neo-Nationalismus versucht sich das bürgerliche Lager derweil als Gegengewicht zu inszenieren. Dabei unternehmen sie jedoch nicht viel mehr als den traurigen Versuch den krisenhaften Kapitalismus vor seiner reaktionären Aufhebung durch die Rechten zu bewahren. Mehr als eine Rückkehr zum Keynesianismus, der den im Kapitalismus vorhandenen Hang zu Krise und Zusammenbruch bestenfalls verzögern kann, haben sowohl die Sozialdemokratie als auch die Gewerkschaften nicht zu bieten. Auch der “new green deal”, wie er von den Grünen propagiert wird, ist nichts weiteres als der zum Scheitern verurteilte Versuch den Kapitalismus zukunftsfähig zu machen. Die Aufrufe zu mehr Empathie und Menschlichkeit zu allen möglichen Gedenktagen verhallen ungehört im Getöse einer immer weiter verrohenden Gesellschaft. In Anbetracht dessen, dass die bürgerlichen Parteien kein Problem mit dem massenhaften Sterben von Geflüchteten an den europäischen Außengrenzen haben und diese Entwicklung noch weiter forcieren, zeigt sich was derlei Appelle wert sind – nichts! Angesichts der Vielzahl ökonomisch-sozialer Konflikte wie Staatenzerfall à la Ukraine oder der massenhaften Verelendung der Ökonomien im Südosten Europas infolge von Austeritätspolitik, werden jedoch auch bei den etablierten Parteien die reaktionären Stimmen lauter. So geben mittlerweile auch die staatstragenden Parteien ihr eigenes, jahrzehntelang propagiertes kosmopolitisches Europa- und Weltgesellschaftspathos auf und ersetzen dieses durch eine mehr oder minder offene nationale Rhetorik. Durch technokratische und autoritäre Abschottungspolitik soll souveräne Handlungsmacht demonstriert werden, um im Chaos wenigstens etwas staatsmännische Übersicht zu simulieren. So wird der rechte Traum von einem autoritären Staat mehr und mehr bittere Realität, und das ganz ohne eigene Regierungsbeteiligung! 

Die Autoritäre Formierung

Welche Auswirkung diese europaweite, autoritäre Wende auch für uns in Bremen zur Folge hat, ist in den letzten Monaten klar geworden:
Zwangsräumungen werden mittlerweile durch Spezialkräfte der Polizei durchgeführt, junge Geflüchtete, die für bessere Lebensbedingungen kämpfen werden mit Repressionen überzogen und abgeschoben, Obdachlose werden aus der Bahnhofsvorstadt verdrängt und die hiesige, antirassistische Ultraszene von Werder Bremen dient als repressives Versuchsfeld eines profilierungswütigen und reaktionären Innensenators.
Hier bestätigt sich das alte Credo, dass keine Regierung soziale Kürzungen und Unterdrückung besser durchsetzen kann als eine sozialdemokratische. Die Botschaft dabei ist klar: In Aussicht auf wieder mal enger zu schnallenden Gürtel und zunehmende Verteilungskonflikte soll, nein muss, der soziale Frieden gesichert werden, um die Kapitalakkumulation so gut es geht aufrecht zu erhalten. Niemand, nicht von rechts, aber auch schon gar nicht von links, soll es wagen während des gegenwärtigen und noch bevorstehenden, krisenhaften Verlaufs die Souveränität des Staates infrage zu stellen.

Beyond Europe

Es wird schnell klar, dass das Freiheits- und Glückversprechen des Kapitalismus weder in Bremen noch irgendwo im Rest der EU eingelöst werden kann. Ausbeutung, Abschottung und Ausgrenzung prägen das gegenwärtige Bild von Europa. Weder das linksliberale Wir-Sind-Mehr-Bürgertum noch die Rechten sind in der Lage die Verwerfungen, welche der Neoliberalismus anrichtet zu kitten, dauerhauft und nachhaltig zu befrieden. Dabei ist eine Gesellschaft ohne Kapitalismus, patriachale Strukturen und Nationalismus möglich.
Alternativen zur schlechten Realität des Kapitalismus werden derzeit in den aktuellen sozialen Bewegungen sichtbar. Fridays for Future, dem internationalen Frauen*streik und die Kämpfe um Verteilungs- und Wohnraumfragen unter dem Stichwort #Mietenwahnsinn liefern einen guten Ausgangspunkt, um Antworten auf die Krise des Klimas, der Reproduktion und der Ökonomie zu finden. Wir erklären uns solidarisch mit diesen Bewegungen und kämpfen für eine Alternative jenseits staatlicher Grenzen, nationalistischer Spaltungen und den Verwertungszwängen des Kapitals! Erteilen wir den unterschiedlichen Varianten nationaler Interessenspolitik und rassistischer Hetze eine nachhaltige Absage.
Zeigen wir, dass eine andere, eine bessere Welt möglich ist!